Dhamma-Vorträge von Ajahn Chah
(Phra Bodhinyana Thera)
Der Ehrwürdige Ajahn Chah wurde am 17. Juni 1918 in einem kleinen Dorf, nahe der Stadt Ubon Rajathani im Nordosten Thailands, geboren.
Nachdem er die Grundschule beendet hatte, verbrachte er drei Jahre als Novize und wurde dann wieder Laie, um seinen Eltern auf dem Bauernhof zu helfen. Mit 20 Jahren jedoch entschied er sich, das Klosterleben wieder aufzunehmen und erhielt am 26. April 1939 "Upasampada" (die Aufnahme als Bhikkhu).
Ajahn Chahs frühes Mönchsleben erfolgte nach traditionellem Muster: Studium der buddhistischen Lehren und des Pali, der Sprache der Schriften. In seinem fünften Mönchsjahr erkrankte sein Vater ernsthaft und starb - eine harte Mahnung an die Zerbrechlichkeit und Unsicherheit des menschlichen Lebens. Dies veranlasste ihn, über den wahren Zweck des Lebens tief nachzudenken. Obwohl er ausgiebig studiert hatte und im Pali bewandert war, schien er einem persönlichen Verständnis vom Ende des Leidens nicht näher gekommen zu sein. Gefühle der Ernüchterung stellten sich ein, und schließlich gab er im Jahre 1946 das Studieren auf, um die Lehre des Buddha als wandernder Bettelmönch in die Praxis umzusetzen.
Er wanderte ungefähr 400 km nach Zentral-Thailand, sammelte Almosenspeise in den Dörfern unterwegs und schlief in Wäldern. Schließlich trat er in ein Kloster ein, wo "Vinaya", die Disziplinregeln für Mönche, sorgfältig studiert und praktiziert wurde. Zu jener Zeit hörte er erstmals vom Ehrwürdigen Ajahn Man Bhuridatto, einem sehr geachteten Meditationsmeister. Da er sich danach sehnte, einen wirklich vollendeten Lehrer zu finden, brach er zu Fuß nach Nordosten auf, um ihn zu suchen.
Damals rang Ajahn Chah mit einem entscheidenden Problem. Er hatte die Lehren von Sittlichkeit, Meditation und Weisheit studiert, die in den Texten in allen Einzelheiten dargelegt waren, aber ihm war nicht klar, wie man sie wirklich in die Praxis umsetzen konnte. Ajahn Man erklärte ihm, dass die Lehren in der Tat umfangreich, im Kern jedoch einfach und klar seien. Wenn er mit fest verankerter Achtsamkeit erkennen lerne, dass alles im Herz-Geist entstehe - genau da habe er den wahren Pfad der Praxis vor sich. Diese knappe und direkte Lehre war für Ajahn Chah eine Offenbarung und gab ihm einen völlig neuen Zugang zur Praxis. Der Weg war klar.
Die nächsten sieben Jahre übte sich Ajahn Chah im Stil der strengen Waldtradition und zog durch ländliche Gegenden, auf der Suche nach stillen, abgelegenen Plätzen, um sich in Meditation zu üben. Er lebte in den Wäldern des Nordens und Nordostens, wo es reichlich wilde Tiere, Kobras und Tiger gab, und benutzte Betrachtungen über den Tod, um zur wahren Bedeutung des Lebens vorzudringen. Einmal lebte er in einer Leichenverbrennungsstätte mit dem Ziel, seine Angst vor dem Tode herauszufordern und schließlich zu überwinden. Während eines Gewittersturms, als er sich völlig durchnässt, vor Kälte zitternd und alleine auf sich selbst gestellt fand, kamen ihm die Entbehrungen und die Trostlosigkeit des hauslosen Daseins vollends zu Bewusstsein.
Nach etlichen Jahren des Umherziehens wurde er 1954 zurück in sein Heimatdorf eingeladen. Er ließ sich in dessen Nähe, in einem vom Fieber verseuchten Wald, "Pah Pong" genannt, nieder. Trotz Malaria, der armseligen Unterkunft und der kargen Nahrung sammelten sich immer mehr Schüler um ihn. Das inzwischen als "Wat Pah Pong" bekannte Kloster entstand dort, und mit der Zeit etablierten sich an verschiedenen Orten Zweigklöster.
1967 kam ein amerikanischer Mönch nach Wat Pah Pong. Der frisch ordinierte Sumedho Bhikkhu hatte soeben seine erste "Vassa" (Regenretreat) hinter sich, während der er intensive Meditation in einem Kloster nahe der laotischen Grenze praktiziert hatte. Obgleich diese Anstrengungen gewisse Früchte trugen, merkte er doch, dass er einen Lehrer brauchte, der ihn in allen Aspekten des Klosterlebens instruieren konnte. Zufällig besuchte einer von Ajahn Chahs Mönchen, der ein wenig Englisch sprach, das Kloster, in dem Sumedho Bhikkhu sich aufhielt. Als dieser von Ajahn Chah hörte, bat er seinen Lehrer um die Einwilligung, das Kloster verlassen zu dürfen und ging mit jenem Mönch zurück nach Wat Pah Pong.
Ajahn Chah nahm den neuen Schüler gerne an, doch er bestand darauf, dass für diesen keine Sonderregeln galten, nur weil er aus dem Westen kam. Er musste dieselbe einfache Almosenspeise essen und auf dieselbe Art praktizieren wie jeder andere Mönch in Wat Pah Pong.
Das Training war streng und entbehrungsreich. Um ihre Ausdauer zu prüfen und sie Geduld und Entschlossenheit entwickeln zu lassen, forderte Ajahn Chah seine Mönche oft bis an ihre Grenzen. Manchmal ließ er sie lange und scheinbar sinnlose Arbeitsprojekte ausführen, um sie in ihrem Haften an Ruhe zu erschüttern. Er legte großen Nachdruck darauf, dass sie lernten, sich den Verhältnissen hinzugeben, wie sie eben waren. Auch die strikte Einhaltung der "Vinaya", der traditionellen Disziplin für Mönche, wurde betont.
Im Lauf der Zeit kamen weitere Leute aus dem Westen nach Wat Pah Pong. Sumedho Bhikkhu war mittlerweile ein Mönch von fünf "Vassas" geworden, und Ajahn Chah hielt ihn für kompetent genug zu lehren; auch hatten sich einige der neuen Mönche entschieden, dazubleiben und mit ihm zu praktizieren.
In der heißen Jahreszeit von 1975 verbrachten der Ehrwürdige Sumedho und eine Handvoll Bhikkhus aus dem Westen einige Zeit in einem Wald, unweit von Wat Pah Pong. Die Bewohner des nächstgelegenen Dorfes baten sie zu bleiben, und Ajahn Chah stimmte dem zu. So entstand Wat Pah Nanachat ("Internationales Waldkloster"), und der Ehrwürdige Sumedho wurde Abt des ersten Klosters in Thailand, das von und für englischsprechende Mönche geleitet wurde.
Der "English Sangha Trust", eine Wohlfahrtseinrichtung; um dem Ziel, eine in England ansässige buddhistische Klostergemeinschaft zu gründen, lud Ajahn Chah 1977 zu einem Besuch nach England ein. Er nahm Ajahn Sumedho und Ajahn Khemadhammo mit sich. Als er dort ernsthaftes Interesse vorfand, ließ er die beiden (mit zwei anderen westlichen Schülern, die damals Europa besuchten) in London zurück, wo sie von da an in Hampstead in einer Wohnung lebten, die ihnen als Vihára (Aufenthaltsort) zur Verfügung gestellt wurde. Ajahn Chah kehrte 1979 nach England zurück, als die Mönche gerade London verließen, um in Sussex "Chithurst Buddhist Monastery", das erste buddhistische Waldkloster in England einzurichten. Anschließend flog er nach Amerika und Kanada, um Besuche zu machen und zu lehren.
Nach dieser Reise und auch im darauf folgenden Jahr (1981) verbrachte Ajahn Chah die Regenzeit außerhalb Wat Pah Pongs, da seine Gesundheit unter dem entkräftenden Einfluss von Diabetes nachzulassen begann. Doch selbst während sich seine Krankheit verschlimmerte, diente ihm sein Körper als eine Lehre und als lebendes Beispiel, um auf die Vergänglichkeit aller Dinge hinzuweisen. Immer wieder erinnerte er die Menschen daran, sich zu bemühen, eine wahre Zuflucht im eigenen Innern zu finden, da er selber nicht mehr viel länger fähig sein werde zu lehren.
Vor dem Ende der Regenzeit von 1981 wurde er für eine Operation nach Bangkok gebracht, die allerdings kaum zu einer Verbesserung seines Zustandes beitrug. Innerhalb weniger Monate hörte er auf zu sprechen und verlor allmählich die Kontrolle über seine Glieder, bis er praktisch gelähmt und ans Bett gebunden war. Seither wurde er mit Liebe und Sorgfalt von hingebungsvollen Schülern gepflegt, die dankbar die Aufgabe auf sich nahmen, ihren Lehrer, der geduldig und mitleidsvoll so vielen den Weg gezeigt hat, bis zu seinem Hinscheiden zu versorgen. Ajahn Chah verstarb in den frühen Morgenstunden am 16. Januar 1992 in seinem Hauptkloster Wat Pah Pong. Es waren viele seiner Schüler und Laienanhänger anwesend, die ihm noch zu Lebzeiten die letzte Ehre erwiesen.