Nachwort


"Jemand der studiert und nicht praktiziert,
ist wie die Suppenkelle in der Suppenschüssel.

Sie ist jeden Tag in der Suppe,
aber kennt den Geschmack der Suppe nicht.

Selbst wenn wir bis an unser Lebensende studieren,
aber nicht praktizieren,
werden wir nie den Geschmack der Freiheit kennen lernen."


Habt ihr überhaupt eine Vorstellung davon, wo euer Studium hinführen soll, oder wollt ihr ewig so weiter lernen? Gibt es ein absehbares Ende in euren Bemühungen? ...Aber das ist im Grunde auch egal, denn es handelt sich nur um das Studium des Äußerlichen, nicht des Inneren. Um das Innere zu studieren, müsst ihr die Augen, Ohren, Nase, Zunge, den Tastsinn des Körpers und den Geist studieren. Das ist das wirkliche Studium. Das studieren der Bücher ist nur das Studium des Äußerlichen, dabei gibt es keinen wirklichen Abschluss.

Wenn die Augen etwas sehen, was passiert dann? Wenn die Ohren, Nase und Zunge hören, riechen und schmecken, was passiert dann? Wenn der Körper mit Berührung und der Geist mit geistigen Eindrücken in Kontakt kommen, welche Reaktionen finden statt? Sind Begierde, Widerwille und Verblendung immer noch am Werk? Verlieren wir uns in Formen und Farben, Klängen, Gerüchen, Geschmäckern, Gefühlen und Stimmungen? Das zu untersuchen, ist das Studium des Inneren; hier gibt es einen Abschluss, einen Punkt der Vollendung.

Wenn wir studieren, aber nicht praktizieren, erreichen wir keine Resultate. Wie jemand, der Kühe züchtet, aber keine Milch trinkt. Am Morgen treibt er die Kühe auf die Weide zum Grasen, am Abend bringt er sie zurück in den Stall, aber er trinkt niemals ihre Milch. Studieren ist in Ordnung, aber lasst es nicht dabei bewenden. Wenn man Kühe züchtet, sollte man auch die Milch trinken. Ihr müsst studieren und praktizieren, um die besten Ergebnisse zu erzielen.

Ein anderes Beispiel. Ich sage zu den Leuten in Thailand, die Hühner züchten: "'Wenn jemand, der Hühner züchtet, nicht die Eier einsammelt, ist alles, was er bekommt, der Hühnerkot! Passt auf, dass ihr nicht so werdet wie diese Leute." Das heißt, man studiert die "Schriften", aber weiß nicht, wie man Begierde, Widerwillen und Verblendung aus seinem Geist entfernen soll. Studieren ohne Praxis, ohne loszulassen, bringt keinen Erfolg. Es ist wie Hühner zu züchten, aber nicht die Eier, sondern den Kot ein zu sammeln.

Buddha wollte, dass wir erst die "Schriften" studieren. Dann sollen wir das Böse in unserem Tun, Sagen und Denken aufgeben und dafür Güte entwickeln. Der wirkliche Wert des Menschseins zeigt sich in unserem Tun, Sagen und Denken. Wenn wir nur vom Dhamma sprechen, ohne aber dementsprechend zu handeln, äußern wir nur leere Worte und unsere Praxis ist nicht vollständig. Sie ist auch noch unvollständig, wenn wir zwar gute Taten vollbringen, aber der Geist noch nicht gut ist. Buddha lehrte uns, Güte im Verhalten, der Sprache und im Geist zu entwickeln. Edle Taten, edel in dem, was wir sagen, und edle Gedanken, das ist der Schatz der Menschheit. Studieren und Praktizieren muss beides zusammen voranschreiten.

Der edle achtfache Weg Buddhas hat acht Faktoren. Diese acht Faktoren sind eigentlich weiter nichts als dieser Körper: Zwei Augen, zwei Ohren, zwei Nasenlöcher, eine Zunge und ein Körper, der fühlt. Das ist der Weg. Und der Geist ist derjenige, der den Weg geht. Das Studium und die Praxis existieren beide in unserem Körper, unserer Sprache und unserem Geist.

Habt Ihr jemals Stellen in den "Schriften" gefunden, die über etwas anderes lehren als den Körper, die Sprache und den Geist? Sie lehren nur über diese Dinge und nichts anderes. Die geistigen Unreinheiten entstehen genau hier in Körper, Sprache und Geist. Wenn man sie erkennt, sterben sie auch dort. Ihr müsst verstehen, dass Studium und Praxis auch dort existieren. Wenn ihr nur soviel studiert, um das zu wissen, habt ihr genug studiert.

Mit dem, was wir sagen, verhält es sich so: Ein Wort der Wahrheit ist besser als ein Leben lang Falsches Reden. Versteht ihr das? Jemand, der studiert und nicht praktiziert, ist wie die Suppenkelle in der Suppenschüssel. Sie ist jeden Tag in der Suppe, aber kennt den Geschmack der Suppe nicht. Selbst wenn wir bis an unser Lebensende studieren, aber nicht praktizieren, werden wir nie den Geschmack der Freiheit kennen lernen.



© Dhammapala Verlag (& Die Sangha, Wat Pah Nanachat)

Kloster Dhammapala, Am Waldrand, CH-3718 Kandersteg, Schweiz