Der Friede jenseits der Dinge


"Meditation heißt, den Geist zur Ruhe zu bringen, um Weisheit entstehen zu lassen...

... Eigentlich ist es nur eine Frage von Wohlsein und Unwohlsein.

Wohlsein ist ein angenehmes Gefühl, das wir mögen;
Unwohlsein ist ein unangenehmes Gefühl, das wir nicht mögen.

Buddha hielt uns dazu an, Wohlsein und Unwohlsein vom Geist zu trennen."


Wichtig ist es, das Dhamma zu praktizieren. Wenn nicht praktiziert wird, ist unser Wissen nur wie eine leere Hülle. Wir können das mit einer Frucht vergleichen, die wir noch nicht gekostet haben. Solange wir sie nur in der Hand halten, haben wir keinen Nutzen davon. Erst wenn wir sie essen, wissen wir, wie sie wirklich schmeckt.

Buddha hielt nichts davon, etwas blindlings zu glauben, sondern zählte nur das, was er für sich selbst wusste. Genauso verhält es sich mit der Frucht. Wenn wir sie gekostet haben, brauchen wir nicht fragen, ob sie süß oder sauer ist. Wir sind uns sicher, denn unser Wissen entspricht der Wahrheit. Das Dhamma zu erkennen können wir damit vergleichen, den Geschmack der Frucht durch eigene Erfahrung kennen gelernt haben. Alle Fragen und Zweifel sind verschwunden.

Wenn wir über das Dhamma sprechen, reden wir vielleicht sehr viel, aber im Grunde lässt es sich auf vier Punkte reduzieren: 1.) Zu wissen, was Leiden ist, 2.) Die Ursache für das Leiden zu erkennen, 3.) Das Ende vom Leiden zu kennen und 4.) Den Weg der Praxis zu verstehen, der zur Freiheit von Leiden führt. Das ist alles! Alles was wir auf dem Wege der Praxis erfahren, stellt sich in diesen vier Punkten dar. Wenn wir diese vier Punkte klar erkannt haben, gibt es keine Probleme mehr.

Wo setzen wir aber an, um diese vier Punkte zu ergründen? Nirgendwo anders als in Körper und Geist. Warum ist dann aber die Lehre vom Dhamma so ausführlich und weit umfassend? Wohl um die vier Punkte in detaillierter Form zu erklären und uns zu helfen, sie zu verstehen.

Bevor er das Dhamma erkannte, war Siddharta Gautama ein gewöhnlicher Mensch, so wie wir. Erst als er die Wahrheit des Leidens, die Ursache des Leidens, das Ende des Leidens und den Weg zur Freiheit von Leiden klar erkannte, wusste er alles nötige, um zum vollkommen erleuchteten Buddha zu werden.

Wird das Dhamma erkannt, verstehen wir die Lehre Buddhas. Egal, wo wir uns befinden, wenn wir das Dhamma verstehen, haben wir den Buddha, das Dhamma und den Weg, der zu Weisheit führt, verinnerlicht. Dann sind wir auch in der Lage, die wahre Natur unseres Verhaltens zu erkennen, und wissen, ob unser Handeln gut oder schlecht ist. Als Buddha das Dhamma erkannte, legte er die weltlichen Einstellungen und Meinungen ab und verwarf Lob und Tadel. Wenn ihn die Leute lobten oder kritisierten, akzeptierte er es als das, was es war, nämlich einfach nur weltliche Ansichten, die ihn nicht erschüttern konnten. Und warum nicht? Er hatte das Leiden und dessen Ursache erkannt und wusste, wenn er Lob oder Tadel ernst nehmen würde, gäbe das Anlass zu Leiden.

Wenn uns Leiden widerfährt, sind wir erregt und fühlen uns nicht wohl. Wie kommt es aber zu dem Leiden? Es entsteht, weil wir nicht die Wahrheit kennen oder anders ausgedrückt, die Ursache des Leidens ist Unwissenheit. Und wenn Leiden erst einmal aufgetreten ist, wissen wir nicht, wie wir uns davon befreien können. Je mehr wir uns dagegen sträuben und versuchen, es loszuwerden, um so stärker wird es. Wenn wir zum Beispiel sagen, "kritisiere mich nicht" oder "wirf mir das nicht vor", hört das Leiden nicht auf, sondern wird noch stärker. So kann man es nicht wieder loswerden.

Buddha sagte, der Weg, zur Freiheit von Leiden, besteht darin, das Dhamma in unserem Geist zur Realität werden zu lassen, das heißt, wir müssen das Dhamma in uns und für uns selbst erleben und verstehen. Wenn jemand sagt, wir sind gut, verlieren wir uns nicht darin (wir machen uns nichts daraus); wenn gesagt wird, wir sind nicht gut, verlieren wir uns auch darin nicht. Wir nehmen es nicht an. Auf diese Weise sind wir frei. Gut und Böse sind nur weltliche Angelegenheiten, die unterschiedliche Verfassungen unseres Geistes hervorrufen. Folgen wir ihnen, versinken wir in der Welt(lichkeit), und dann tappen wir im Dunkeln umher und finden den Weg nicht mehr heraus. Wenn es uns so ergeht, haben wir uns selbst noch nicht gemeistert und sind nicht unser eigener Herr. Wir versuchen andere zu besiegen, doch indem wir das tun, besiegen wir nur uns selbst. Sind wir aber Meister über uns selbst, dann sind wir auch Meister über die geistigen Erscheinungen der Anblicke, Klänge, Gerüche, Geschmäcker und der Gefühle des Tastsinnes.

Gemeint sind hier die äußerlichen Erscheinungen, die sich jedoch im Inneren widerspiegeln. Viele Menschen kennen nur die äußerlichen Erscheinungen und nicht das Innere. Man sollte aber "den Körper im Körper sehen". Nur den Körper von Außen zu sehen, ist nicht genug, auch das Innere des Körpers sollte betrachtet werden. Ebenso sollte man den Geist betrachten, um "den Geist im Geiste zu sehen".

Warum wird gesagt, wir sollten den Körper ergründen? Was heißt das, der "Körper im Körper"? Oder den Geist zu sehen, was ist dieser "Geist im Geist"? Wenn wir den Geist, und damit auch die Dinge, die im Geist erscheinen, nicht kennen, dann kennen wir auch das Leiden, die Ursache des Leidens, das Ende des Leidens und den Weg, der herausführt, nicht. Die Dinge, die eigentlich helfen sollten, Leiden zu beseitigen, können nicht helfen, denn wir werden abgelenkt durch Dinge, die es nur verschlimmern. Es ist so, als wenn uns der Kopf juckt, aber wir kratzen uns am Bein. Da uns aber der Kopf juckt, werden wir offensichtlich keine Erleichterung finden. Wir wissen nicht, was wir machen sollen, wenn uns Leiden wiederfährt, denn wir kennen die Methode nicht, die zur Freiheit von Leiden führt.

Nehmen wir zum Beispiel den Körper, den jeder von uns zu diesem Treffen mitgebracht hat. Wenn man ihn nur von außen betrachtet, besteht keine Möglichkeit dem Leiden zu entkommen. Und warum nicht? Weil wir nicht über das innere des Körpers reflektieren, sondern nur das Äußere sehen, und es als etwas Schönes und Solides betrachten. Buddha sagte nur das äußere mit unseren Augen wahrzunehmen, ist nicht genug. Jedes Kind kann das sehen, sogar Tiere können das sehen. Es ist nicht schwer nur das Äußere zu sehen und daran festzuhalten, aber damit sehen wir nicht die ganze Wirklichkeit. Wenn wir nur das Äußere sehen und daran haften, beißt es uns.

Wir sollten also "den Körper im Körper" untersuchen, indem wir uns alles, was es im Innern des Körpers gibt, vor Augen führen und darüber nachdenken. Nur das Äußere zu betrachten, ergibt kein vollständiges Bild von dem, was da wirklich ist. Wir sehen Haare, Fingernägel, Haut u.s.w., und das sind schöne Dinge, die uns verführen. Deshalb lehrte Buddha, auch das Innere des Körpers zu betrachten, "den Körper im Körper zu sehen". Was gibt es alles im Inneren des Körpers? Seht genau hin! Ihr werdet viele Dinge finden, die euch überraschen. Trotzdem sie in uns sind, haben wir sie nie gesehen. Wohin wir auch gehen, tragen wir sie mit uns herum. Wenn wir in einem Auto sitzen, fahren sie mit uns herum, aber wir kennen sie noch nicht einmal.

Nehmen wir mal an, wir besuchen einen Verwandten und erhalten von ihm ein hübsch verpacktes Geschenk. Dankend nehmen wir das Geschenk, stecken es in die Tasche und verlassen das Haus, ohne das Geschenk zu öffnen. Wenn wir es schließlich öffnen, stellen wir Fest, dass es voller giftiger Schlangen ist. Unser Körper ist wie dieses Geschenk. Wenn wir nur die äußere Hülle sehen, finden wir sie schön und ansehnlich, doch dabei übersehen wir den Inhalt und vergessen auch die Tatsache der Unbeständigkeit, Unzulänglichkeit und das Fehlen von Selbstbestand. Die ganze Wirklichkeit zu sehen, ohne sie zu beschönigen, führt zu Ernüchterung. Wenn wir das Innere des Körpers genau betrachten, finden wir ihn wirklich abstoßend. Bei der Ernüchterung handelt es sich nicht um Aversion dem Körper oder der Welt gegenüber. Nein, wenn erkannt wird, dass die Dinge keine dauerhafte Substanz haben und wir uns nicht auf sie verlassen können, klärt der Geist sich ab und lässt los. Von Natur aus sind die Dinge so, wie sie sind. Wie immer wir sie gerne hätten, ist egal. Sie gehen doch ihren eigenen Weg. Ob wir weinen oder lachen, sie sind, wie sie sind. Unbeständige Dinge sind nun mal unbeständig und hässliche Dinge sind nun mal hässlich.

Buddha sagte, wenn beim Vorgang der Wahrnehmung unsere Sinne mit sichtbaren Objekten, Geräuschen, Geschmack, Geruch, tastbaren Gefühlen oder geistigen Eindrücken (wie Erinnerungen) in Kontakt kommen, sollten wir uns nicht darauf einlassen (nicht Festhalten), sondern sie einfach sein lassen. Wenn zum Beispiel das Ohr Geräusche wahrnimmt, lassen wir uns nicht darauf ein. Oder wenn die Nase Geruch wahrnimmt, lassen wir uns nicht darauf ein, wir lassen es eine Angelegenheit der Nase bleiben. Werden Gefühle durch den körperlichen Tastsinn wahrgenommen, geben wir uns nicht dem Mögen oder Nicht-Mögen dieser sinnlichen Wahrnehmung hin, sondern lassen los; wir lassen uns nicht darauf ein. Das gleiche gilt für geistige Eindrücke. Wir nehmen sie nur zur Kenntnis und lassen sie ihren natürlichen Weg gehen. Ob Wohlsein oder Unwohlsein ist egal, einfach zur Kenntnis nehmen, ohne zu mögen oder nicht zu mögen, das ist Meditation!

Meditation heißt, den Geist zur Ruhe zu bringen, um Weisheit entstehen zu lassen. Dazu praktizieren wir in Körper und Geist, indem wir die Sinneseindrücke betrachten. Eigentlich ist es nur eine Frage von Wohlsein und Unwohlsein. Wohlsein ist ein angenehmes Gefühl, das wir mögen, Unwohlsein ein unangenehmes Gefühl, das wir nicht mögen. Buddha hielt uns dazu an, Wohlsein und Unwohlsein vom Geist zu trennen. Der Geist ist das in uns, das weiß. Gefühl tritt dem Wohlsein oder Unwohlsein entsprechend als Mögen oder Nicht-Mögen auf. Wenn wir uns dem hingeben, sehen wir Wohlsein oder Unwohlsein als wert, festzuhalten, und hängen daran. Das Festhalten ist eine Aktivität des Geistes, das Wohl- oder Unwohlsein ist Gefühl.

Wenn Buddha uns dazu anhielt, Geist und Gefühl zu trennen, ist damit nicht gemeint, sie an verschiedenen Orten unterzubringen, sondern dass der Geist Wohlsein und Unwohlsein zur Kenntnis nimmt, ohne davon bewegt zu werden. Wenn wir zum Beispiel in tiefer Konzentrations-Meditation sitzen und der Geist in Frieden ist, entsteht Wohlsein, doch es erreicht uns nicht, es wird zwar klar gesehen, aber wir sind davon nicht eingenommen. Entsteht Unwohlsein, erreicht es uns auch nicht. Hier sind Geist und Gefühl voneinander getrennt. Wir können das mit Öl und Wasser in einer Flasche vergleichen. Sie lassen sich nicht verbinden. Selbst wenn wir versuchen sie zu mischen, Öl bleibt Öl und Wasser bleibt Wasser. Warum ist das so? Weil sie eine unterschiedliche Dichte haben.

Der natürliche Zustand des Geistes ist weder Wohlsein noch Unwohlsein. Erst das Erscheinen von Gefühl als Mögen oder Nicht-Mögen führt zu Wohlsein oder Unwohlsein. Wenn klare Bewusstheit vorhanden ist, wird das angenehme Gefühl einfach nur als solches gesehen, das heißt, es wird zur Kenntnis genommen, aber nicht festgehalten. Das Wohlsein ist vorhanden "außerhalb" des Geistes, und nicht im Geist begraben. Es wird mit Klarheit gesehen, doch wir werden davon nicht bewegt.

Wenn Unwohlsein vom Geist getrennt wird, heißt das, dass es kein Leiden mehr gibt oder dass wir kein Leiden mehr erleben? Doch, wir erleben es, aber wir sehen Geist als Geist und Gefühl als Gefühl. Wir identifizieren uns nicht mit dem unangenehmen Gefühl, und werden deshalb nicht davon belastet. Buddha trennte Geist und Gefühl durch Weisheit. Hatte er Leiden? Er kannte den Zustand des Leidens, aber er hielt nicht daran fest. Man kann sagen, dass er so das Leiden eliminierte. Genauso verhielt er sich dem Wohlsein gegenüber. Wenn man das Wohlsein nicht durchschaut, ist es wie ein Gift. Er hielt es nicht für "sein Wohlsein". Wenn Wohlsein entstand, wurde das zur Kenntnis genommen, aber er ließ sich nicht darauf ein. Auf diese Weise hatte er Wohlsein und Unwohlsein vom Geist getrennt.

Es wird gesagt, dass Buddha und die erleuchteten Individuen die geistigen Unreinheiten besiegten. Aber das ist nicht so zu verstehen, dass sie sie wirklich getötet und ausgerottet haben. Hätten sie alle geistigen Unreinheiten ausgerottet, dann wären für uns keine mehr da. Sie beseitigten die Unreinheiten also nicht, sondern erkannten sie als Belastung, und ließen sie los. Jemand, der dumm ist, hält sie fest, aber die Erleuchteten erkannten die Unreinheiten als Gift und fegten sie heraus. Sie gestatteten den Dingen, die zu Leiden führten, keinen Zutritt. Wer noch durch Unwissenheit behindert ist, sieht mancherlei, wie zum Beispiel das Wohlsein, als gut an und hält daran fest. Buddha hatte die Dinge durchschaut, und ließ sich nicht mehr auf sie ein.

Empfinden wir ein Gefühl, geben wir uns dem hin: das heißt, der Geist trägt das jeweilige Wohlsein oder Unwohlsein mit sich herum. Tatsächlich sind Geist und Gefühl aber zwei verschiedene Dinge. Die angenehmen und unangenehmen Gefühle sind nichts weiter als geistige Eindrücke, die man als "die Welt" bezeichnet. Wird das verstanden, haben wir die wahre Natur der Dinge erkannt, und der Geist verhält sich dem Wohlsein oder Unwohlsein gegenüber ausgeglichen. Wer die wahre Natur der Dinge nicht sieht, bewertet Wohlsein und Unwohlsein unterschiedlich, doch für den Weisen haben sie den gleichen Wert. Wenn an Wohlsein festgehalten wird, widerfährt uns später Unwohlsein, denn Wohlsein ist unbeständig, und wenn es aufhört, beginnt das Unwohlsein.

Buddha erkannte, dass Wohlsein und Unwohlsein den gleichen Wert haben, da sie letztendlich unbefriedigend sind. Wenn Wohlsein eintrat, hing er nicht daran, sondern ließ es los. Er sah ein, dass beide Zustände die gleichen Vor- und Nachteile haben. Sie unterliegen dem Gesetz des Dhammas, sie sind unbeständig und unzulänglich. Einmal entstanden, vergehen sie wieder. Mit dieser Erkenntnis entstand das richtige Verständnis, und die korrekte Verhaltensweise wurde klar. Egal, was für ein Gefühl oder welche Art von Gedanken in seinem Geist auftauchten, er sah diese einfach als fortwährendes Auf und Ab von Wohlsein und Unwohlsein und hielt nicht daran fest.

Kurz nach seiner Erleuchtung hielt Buddha die Predigt über das Sichgehenlassen im Wohlsein und im Unwohlsein: "Mönche, sich gehen zu lassen im Vergnügen ist der Weg der Zügellosigkeit, sich gehen zu lassen in schmerzhaften Gefühlen ist der Weg der Spannung." Es waren diese beiden Dinge, die seine Praxis störten bis zu dem Tage, an dem er völlig erleuchtet war, denn vorher konnte er sie nicht loslassen. Als er jedoch die klare Einsicht hatte, geschah das Loslassen automatisch.

Wir stellen also fest, sich auf das Wohlsein oder Unwohlsein einzulassen, ist nicht der Weg des Meditierenden. Man sollte diesen Zuständen nicht nachgehen, sondern sie nur unbewegt zur Kenntnis nehmen. Wenn man die Wahrheit des Leidens erkennt, wird man auch den Grund für das Leiden, das Ende des Leidens und den Weg, der zur Freiheit von Leiden führt, erkennen. Der Weg, der aus dem Leiden herausführt, ist Meditation selbst oder anders ausgedrückt: Wir müssen achtsam sein.

Achtsamkeit ist geistesgegenwärtige Bewusstheit. Was denken wir jetzt in diesem Moment, was sind wir gerade dabei zu tun? Was beschäftigt uns jetzt in diesem Augenblick, was sind die geistigen Inhalte? So müssen wir uns selbst beobachten und uns bewusst sein, was sich in jedem Moment in uns abspielt. Wenn wir auf diese Weise praktizieren, entsteht Weisheit. Alles, was wir tun, wird betrachtet und erwägt. Entsteht ein geistiger Eindruck, den wir mögen, nehmen wir das als solches zur Kenntnis, aber messen dem keine Bedeutung bei oder halten es für etwas Wesentliches. Es ist einfach nur Wohlsein. Wenn Unwohlsein entsteht, wissen wir, dass sich in schmerzhaften Gefühlen gehen zu lassen, auch nicht der Weg des Meditierenden ist.

Das ist gemeint, wenn ich davon spreche, Geist und Gefühl von einander zu trennen. Wenn wir klug sind, halten wir nichts fest, wir lassen die Dinge sein (so wie sie sind). Wir werden einfach zu "Dem-der-weiß". Geist und Gefühl sind wie Öl und Wasser, sie sind in derselben Flasche, aber vermischen sich nicht. Selbst wenn wir krank sind oder Schmerzen haben, sehen wir Gefühl als Gefühl und Geist als Geist. Wir erleben zwar die schmerzhaften oder unangenehmen Gefühle, aber identifizieren uns nicht damit, sondern verbleiben mit dem Frieden: Dem Frieden jenseits der Annehmlichkeiten und Schmerzen.

Das ist so zu verstehen: Weil es keinen andauernden Selbstbestand in den Dingen gibt, können wir darin auch keine Zuflucht finden. Deshalb müssen wir ohne Wohlsein und Unwohlsein leben. Wir verbleiben nur mit der klaren Bewusstheit, dem Wissen oder der Kenntnisnahme; wir tragen die Dinge nicht mit uns herum!

Solange wir noch unerleuchtet sind, mag sich das alles fremd und merkwürdig anhören, aber das macht nichts, wir setzen einfach unser Ziel in diese Richtung. Der Geist ist der Geist. Er trifft Wohlsein und Unwohlsein, und wir sehen diese einfach nur als solche, ohne uns damit zu identifizieren. Das ist alles. Geist und Gefühl sind getrennt und nicht vermischt. Wenn sie durcheinander geraten, blicken wir nicht mehr durch. Es ist wie in einem Haus zu leben, das Haus und sein Bewohner stehen zwar in einer Beziehung zueinander, sind aber zwei verschiedene Dinge. Wenn das Haus in Gefahr ist, sind wir in Aufregung, denn wir müssen es verteidigen. Wenn es anfängt zu brennen, verlassen wir das Haus. Schmerzhafte Gefühle werden genauso verlassen, wie das Haus. Wenn wir wissen, dass es brennt, rennen wir ins Freie. Es sind zwei verschiedene Dinge, das Haus und der Bewohner.

Ich spreche davon, Geist und Gefühl voneinander zu trennen, aber in Wirklichkeit sind sie von Natur aus bereits getrennt. Unsere Aufgabe ist, zu erkennen, dass diese natürliche Trennung besteht. Wer behauptet, sie seien nicht getrennt, identifiziert sich mit den jeweiligen Gefühlen, weil er die Wahrheit nicht kennt.

Buddha hielt uns an zu meditieren. Die praktische Erfahrung, die durch die Übung der Meditation erlangt wird, ist sehr wichtig. Nur intellektuell zu wissen, ist nicht genug. Wissen, das durch reflektierende Selbstbetrachtung zustande kommt, wenn der Geist in Frieden ist, und Wissen, das durch Studieren entsteht, sind weit von einander entfernt. Das Wissen, das durch Studieren entsteht, ist nicht wirkliches Wissen. Wir versuchen es festzuhalten und aufzubewahren. Warum wollen wir es aber festhalten? Doch nur um es wieder zu verlieren! Und wenn es dann verloren ist, weinen wir.

Wenn wir wirklich wissen, setzt Loslassen automatisch ein; wir lassen die Dinge sein, und verlieren uns nicht mehr in ihnen. Auch wenn wir krank werden, verlieren wir uns nicht darin. Es gibt Leute, die sagen: "Ich war die ganze Zeit krank dieses Jahr und konnte überhaupt nicht meditieren." Das sind die Worte eines wirklich dummen Menschen. Jemand, der krank ist oder im Sterben liegt, sollte besonders fleißig meditieren. "Ich bin krank, ich leide, und ich fühle, dass ich nicht meditieren kann." So zu denken, macht die Dinge wirklich kompliziert. Das ist nicht, was Buddha lehrte. Gerade wenn wir krank sind oder der Tod bevorsteht ist die richtige Zeit zum Meditieren, denn dann haben wir die Gelegenheit die Wahrheit zu sehen und zu erfahren.

Manche Leute sagen, sie hätten keine Zeit zum Meditieren, denn sie sind zu beschäftigt. Die Lehrer von der Schule im Dorf kamen neulich hierher, um mich zu besuchen. Sie sagten, dass sie zu viele Verpflichtungen und keine Zeit zum Meditieren hätten. Ich fragte sie: "Wenn ihr unterrichtet, habt ihr dann Zeit zum Atmen?" Sie antworteten: "Ja." Ich sagte: "So! Wie kommt es denn, dass ihr Zeit zum Atmen habt, wenn eure Arbeit so hektisch und verwirrend ist? Ihr seid tatsächlich weit vom Dhamma entfernt."

Bei der Übung der Meditation geht es nur um den Geist und die Gefühle. Es handelt sich dabei nicht um etwas, dem man hinterherläuft oder das erkämpft werden muss oder das uns davon abhält, unsere täglichen Arbeiten zu verrichten. Während wir arbeiten, geht doch auch das Atmen ganz von alleine. Die Natur kümmert sich um die natürlichen Prozesse. Alles was wir tun müssen, ist bewusst zu sein, das heißt, wir müssen unseren Versuch, nach innen zu schauen und klar zu sehen, fortsetzen. Das ist Meditation.

Bei jeder Arbeit oder Tätigkeit, die wie verrichten, sollte geistesgegenwärtige Bewusstheit vorhanden sein, damit wir fortwährend "richtig" oder "falsch" erkennen und voneinander unterscheiden können. Man hat genug Zeit zum Meditieren, wir verstehen nur nicht richtig, worum es dabei geht; das ist es nämlich. Wenn wir schlafen, atmen wir; wenn wir essen, atmen wir, nicht wahr? Wo immer wir uns befinden, atmen wir. Warum haben wir aber keine Zeit zum Meditieren? Wenn wir annehmen, wir hätten keine Zeit zum Meditieren, ist unser Leben genauso viel wert, wie unser Atem. Wo immer wir sind, haben wir auch Zeit zum Meditieren.

Denken ist eine Angelegenheit des Geistes und nicht des Körpers. Wir brauchen einfach geistesgegenwärtige Bewusstheit, um unser Denken zu beobachten. Dann können wir stets "richtig" und "falsch" unterscheiden. Im Stehen, Gehen, Sitzen oder Liegen, wir haben genug Zeit. Wir verstehen nur nicht sie zu gebrauchen. Überlegt euch das!

Vor Gefühlen kann man nicht weglaufen, sie drängen sich auf. Aber Gefühle sind einfach Gefühle, so wie Wohlsein einfach Wohlsein und Unwohlsein einfach Unwohlsein ist. Sie sind nur das, was sie sind. Eigentlich besteht kein Grund daran festzuhalten. Wer klug ist, sollte das verstehen und dazu in der Lage sein, Geist und Gefühl auseinander zu halten.

Wenn wir den Geist fortwährend mit Bewusstheit ergründen und beobachten, werden wir schließlich die Freiheit erreichen, aber diese Befreiung geschieht nicht durch Unwissenheit. Der Geist lässt los auf Grund von weiser Einsicht! Er lässt nicht los durch Dummheit, nicht weil wir die Dinge gerne anders hätten, als sie sind. Er lässt los, weil er die wahre Natur der Dinge erkennt und die Wirklichkeit versteht und akzeptiert.

Mit der Weisheit, die wir entwickeln, durchschauen wir die Welt, die wir erleben, und verhalten uns ihr gegenüber angemessen. Buddha hatte die Welt mit all ihren Schwierigkeiten klar erkannt. Er verstand Besorgnis und Freude als typische Angelegenheiten der Welt. Wie gelang es ihm aber die wahre Natur dieser doch so verwirrenden Welt zu erkennen? Wir müssen verstehen, dass das Dhamma, das Buddha lehrte, nicht über unseren Horizont hinausgeht. Was wir auch tun, wo immer wir sind, geistesgegenwärtige Bewusstheit sollte vorhanden sein, und wenn wir Zeit haben, um uns in Konzentrations-Meditation zu vertiefen, dann tun wir das.

In Meditation zu sitzen geschieht, um den Geist zur Ruhe zu bringen und geistige Energie zu kultivieren und nicht, um sich mit etwas Bestimmten zu beschäftigen. Sich in Samadhi zu vertiefen, ist Meditation, die zu Einsicht führt. Es gibt Leute, die sagen: "Jetzt sitzen wir in Samadhi, und danach betreiben wir Einsichts-Meditation." Man kann das nicht so unterteilen. Die Ruhe des Friedlichen Geistes ist die Grundlage, die zu Weisheit führt; Weisheit ist die Frucht der Ruhe. Zu sagen, jetzt praktizieren wir Meditation, um zur Ruhe zu kommen, und dann meditieren wir für die Einsicht, ist nicht richtig. Wir können Meditation nur in unseren Worten in diese beiden Kategorien einteilen. Weisheit entsteht unweigerlich, wenn in der Meditation der Geist zur Ruhe kommt. Es ist wie mit einem Messer: Die scharfe Schnittkante liegt auf der einen Seite der Klinge, und der Rücken ist die stumpfe andere Seite. Man kann sie nicht trennen. Wenn wir das Messer benutzen, sind beide Seiten der Klinge vorhanden.

Tugend ist die Mutter des Dhammas. Sie äußert sich durch angemessenes (richtiges) Verhalten in dem, was wir tun und sagen. Am Anfang unserer Praxis müssen wir Tugend entwickeln. Durch Tugend entsteht Frieden. Wenn wir uns richtig verhalten, entsteht keine Erregung; der Geist ist gesammelt und in Frieden. Tugend, Sammlung und Weisheit bilden den Weg, auf dem die edlen Individuen die Erleuchtung erreicht haben. Diese drei Dinge sind eine Einheit. Tugend ist Sammlung, Sammlung ist Tugend. Sammlung ist Weisheit, Weisheit ist Sammlung. Eigentlich ist es wie mit einer Mango.[13] Ist sie noch im Zustand der Blüte, nennen wir sie Mangoblüte. Wenn eine Frucht daraus wird, nennen wir sie zuerst grüne Mango, und wenn sie dann reif ist, nennen wir sie reife Mango. Es ist ein und dieselbe Frucht, die sich laufend verändert. Aus der kleinen Mango wird eine große. Man kann das unterschiedliche Früchte oder ein und dieselbe Frucht nennen. Genauso stehen Tugend, Sammlung und Weisheit miteinander in Beziehung. Letztendlich sind sie der Weg, der zur Erleuchtung führt.

Wenn eine Mango als Blüte erscheint, wächst sie einfach, bis sie zur reifen Frucht wird. So sollte man es sehen. Wie andere es betrachten, ist egal. Einmal geboren, wächst sie heran und wird reif. Denkt darüber nach.

Manche Leute wollen nicht alt werden. Wenn sie älter werden, bedauern sie sich. Solche Leute sollten auch keine reifen Mangos essen! Warum wollen sie, dass die Mangos reif werden? - Wenn sie nicht schnell genug reifen, machen wir sie sogar künstlich reif,[14] nicht wahr? Aber wenn wir alt werden, finden wir das bedauerlich. Manche Leute weinen, weil sie Angst haben, alt zu werden und zu sterben. Wer so ist, der sollte auch keine reifen Mangos, sondern lieber Mangoblüten essen! Wenn ihr das einseht, wird alles klar, dann versteht ihr das Dhamma und seid voller Frieden. Um das zu erreichen, solltet ihr den Geist trainieren!

Heute ist also der Staatsrat und eine Gruppe seiner Bediensteten hierher gekommen, um das Dhamma zu hören. Bitte denkt genau darüber nach, was ich gesagt habe. Falls irgend etwas nicht richtig, war, entschuldigt mich bitte. Aber zu sehen, was richtig und was Falsch ist, hängt davon ab, das Dhamma zu praktizieren und selbst zu erkennen. Was Falsch ist, werft weg. Wenn es richtig ist, benutzt es. Aber tatsächlich üben wir beides, richtig und falsch, loszulassen. Am Ende werfen wir alles weg. Wenn es richtig ist, werfen wir es weg, wenn es falsch ist, werfen wir es weg! Gewöhnlich halten die Leute am "Rechten" Fest, und halten das "Falsche" für falsch und argumentieren darüber. Aber das Dhamma ist der Ort, an dem nichts ist, überhaupt nichts!




Fußnoten

[13] Mango ist eine in Asien weit verbreitete Frucht.

[14] Der ehrwürdige Ajahn spielt hier auf ein in Thailand übliches Verfahren zur schnellen Reifung von grün geernteten Mangos an.



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