Dhamma-Vorträge von Ajahn Chah
(Phra Bodhinyana Thera)
Eines der herausragenden Merkmale des Ehrwürdigen Ajahn Chah bestand in der Betonung, die er auf den Sangha, den klösterlichen Orden, und auf dessen Gebrauch als Fahrzeug für die Dhamma-Praxis legte. Das verkennt auf keinen Fall seine einzigartige Gabe, auch Laien die Lehre nahe zubringen, die ihn in die Lage versetzte, mit Menschen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen auf hervorragende Art zu kommunizieren, von einfachen Bauern bis hin zu Universitätsprofessoren. Es sind jedoch die Resultate, die er durch die Schaffung und das Belehren von festgefügten Ordensgemeinschaften erzielte, die weithin sichtbar geworden sind durch die vielen Klöster, die um ihn herum sowohl in Thailand selbst als auch in anderen Ländern entstanden. Ajahn Chah sah die Notwendigkeit voraus, den Sangha im Westen einzuführen, wollte man längerfristig Ergebnisse erreichen.
Dieses Buch ist eine Sammlung von verschiedenen Vorträgen, die sowohl an die klösterlichen Gemeinschaften in Thailand als auch an Individuen und Gemeinschaften westlicher Herkunft gerichtet wurden. Es enthält also auch Reden, die er speziell an buddhistische Mönche (Bhikkhus) in Wat Pah Pong, seinem Hauptkloster, und in einigen seiner Zweigklöster hielt. Bei der Lektüre des Buches sollte man sich dies hin und wieder vor Augen halten. Diese Vorträge waren nicht dazu gedacht, eine allgemeine Einführung in den Buddhismus oder in die Meditationspraxis zu geben. Viele der erwähnten Themen müssen im Kontext gesehen und verstanden werden; es handelt sich oft um klösterliche Belehrungen, die speziell mit diesem Lebensstil und den daraus resultierenden Problemen zu tun haben. Ein gewisses Grundwissen war also vorausgesetzt. Aus diesem Grunde wurde den Vorträgen ein Glossar nachgestellt, in dem im Text auftauchende Begriffe der Lehre kurz erläutert werden.
Es ist ebenfalls hilfreich, sich die Umgebung vorzustellen, in der die Vorträge gehalten wurden: das zerklüftete, karge, von Armut geprägte Gebiet des Nord-Ostens Thailands. Es ist der Geburtsort vieler der angesehensten thailändischen Meditationslehrer und ebenfalls fast der gesamten Waldkloster-Tradition. Die Menschen des Nord-Ostens sind von dieser Umgebung geprägt und zeichnen sich durch eine robuste Einfachheit und sanfte Geduld aus, was sie zu idealen Kandidaten für den Lebensstil eines Waldmönchs macht. Innerhalb einer solchen Umgebung gab Ajahn Chah seine Belehrungen, oft in kleinen, mit Paraffinlampen nur spärlich beleuchteten Hallen, umgeben von einer andächtig lauschenden Mönchsgemeinde.
Ajahn Chahs einfacher, aber dennoch tiefgründiger Lehrstil hat aber darüber hinaus auch einen ganz speziellen Reiz für Menschen aus dem Westen. Viele kamen, um bei ihm zu studieren und zu praktizieren, manche nur für kurze Zeit, andere verpflichteten sich für länger als buddhistische Mönche. Im Jahre 1975 wurde Wat Pah Nanachat gegründet, ganz in der Nähe von Wat Pah Pong, das der wachsenden Zahl der am Mönchsleben interessierten Westler als Trainingszentrum diente. Im Anschluss an eine Zeit des klösterlichen Trainings haben jetzt einige der westlichen Seniormönche damit begonnen, den Dhamma auch im Westen zu verbreiten, was von Ajahn Chah zu Beginn durch zwei persönliche Besuche in England initiiert und unterstützt wurde.
Ajahn Chahs bemerkenswert schlichter Lehrstil kann täuschend wirken. Es geschieht oft, dass unser Geist, nachdem wir etwas viele Male gehört haben, plötzlich reifer erscheint und die Lehren eine viel tiefere Bedeutung erreichen. Seine geschickte Art, die Dhamma-Erklärungen auf Ort und Zeit zurecht zu schneiden und dem Verständnis und der Sensibilität des jeweiligen Publikums anzupassen, wird auf vorzügliche Art sichtbar. Auf dem Papier jedoch kann es manchmal so erscheinen, als wäre er unbeständig oder sogar widersprüchlich! In solchen Augenblicken sollte man bedenken, dass es sich bei den Lehren um die Wiedergabe einer lebendigen Erfahrung handelt. Die Vorträge sind spontane Reflektionen und Ermutigungen und keine systematischen Lehrreden, wie die meisten westlichen Menschen sie gewohnt sind. Von den Zuhörern wurde erwartet, dass sie ihre Aufmerksamkeit vollständig in den gegenwärtigen Moment hineinlegten und demgemäss über ihre eigene Praxis reflektierten. Es wurde nicht erwartet, die Lehren auswendig zu lernen oder sie anhand der Logik zu analysieren. Auf diese Weise konnten sie auf ihre eigenen Unzulänglichkeiten aufmerksam werden und dadurch lernen, wie man die Mittel, die der Lehrer anbot, am besten in die Praxis umsetzt.
Gleichfalls gilt: Sollten die Lehren hin und wieder von der Tradition abweichen, so möge man sich darauf besinnen, dass der Ehrwürdige Ajahn immer direkt vom Herzen sprach, aus der Tiefe seiner eigenen meditativen Erfahrung.
Weisheit ist sowohl Seinsweise als auch Lebensweise, und Ajahn Chah bemühte sich darum, dies durch sein eigenes Beispiel zu demonstrieren, sodass auch die Menschen in der heutigen Zeit den Dhamma studieren und praktizieren können.