Dhamma-Vorträge von Ajahn Chah
(Phra Bodhinyana Thera)
Dieser Vortrag wurde an die Mönche und Novizen in Ajahn Chahs Kloster Wat Pah Pong im Nord-Osten Thailands gerichtet.
Alle, die hier anwesend sind, haben sich dazu entschlossen, innerhalb des Lehrsystems des Buddha als Bhikkhus und Samaneras zu leben, und zwar in der Absicht, inneren Frieden zu finden. Was aber ist wahrer Frieden? Der Buddha sagte, dass wahrer Frieden sich nicht sehr weit von uns entfernt befindet, er liegt gerade hier in uns selbst; dennoch tendieren wir dazu, ihn ständig zu übersehen. Die Leute haben ihre eigenen Ideen darüber, wie man den Frieden findet, aber dennoch erfahren sie Verwirrung und inneren Aufruhr. Sie sind immer noch unsicher und haben innerhalb ihrer Praxis noch keine Erfüllung gefunden.
Sie haben das Ziel noch nicht erreicht. Es ist so, als hätten wir unser Haus verlassen, um an viele verschiedene Orte zu reisen. Ob wir nun mit dem Auto fahren oder mit dem Schiff, unabhängig davon, wo wir hingehen, wir haben immer noch nicht unser Zuhause erreicht. Solange wir nicht zu Hause angekommen sind, werden wir nicht zufrieden sein. Wir haben immer noch ein paar unerledigte Geschäfte, um die wir uns kümmern müssen. Das kommt daher, dass wir unsere Reise noch nicht beendet haben, wir haben unseren Zielpunkt noch nicht erreicht. Wir reisen überall herum auf der Suche nach Befreiung.
Alle Bhikkhus und Samaneras hier wollen Frieden, jeder einzelne von Euch. Sogar ich selbst, als ich noch jünger war, habe überall nach Frieden gesucht. Wo immer ich auch hin ging, ich war nicht zufrieden zustellen. In die Wälder gehen oder verschiedene Lehrer besuchen, sich Dhamma-Vorträge anhören - ich konnte keine Befriedigung finden. Warum ist das so?
Wir suchen nach Frieden an friedvollen Orten, wo es keine sichtbaren Formen oder Geräusche oder Gerüche oder Geschmacksempfindungen gibt, in der Annahme, dass ein solches Leben in der Stille der Weg zur Zufriedenheit sei und dass darin innerer Friede besteht.
Wenn wir sehr still an Orten verweilen, an denen nichts passiert, kann dann überhaupt Weisheit entstehen? Würde uns überhaupt irgend etwas gewahr? Denkt darüber nach. Wenn unsere Augen keine Objekte sähen, wie wäre das? Wenn die Nase keine Gerüche erfahren könnte, wie wäre das? Hätte die Zunge keine Geschmacksempfindungen, wie wäre das? Wenn der Körper keine Empfindungen hätte, wie wäre das? Man käme sich vor wie jemand, der blind und taub ist, dessen Nase und Zunge abgefallen wäre und der zusätzlich von einer Lähmung völlig gefühllos geworden ist. Wäre da irgend etwas vorhanden? Und dennoch neigen die Leute dazu, zu denken, wenn sie irgendwo hin gingen, wo nichts passieren kann, dass sie dann inneren Frieden fänden. Nun, ich habe früher auch so ähnlich gedacht...
Als ich ein junger Mönch war und gerade mit der Praxis angefangen hatte, da meditierte ich, und Geräusche konnten mich stören. Ich dachte dann: "Was kann ich nur machen, damit mein Geist friedvoll wird?" Also nahm ich etwas Bienenwachs und stopfte es mir in die Ohren, sodass ich nichts mehr hören konnte; Nur ein leises Surren blieb noch übrig. Ich dachte, dass das friedvoll wäre. Aber nein, diese ganze Konfusion und all das Nachdenken entstanden nicht in den Ohren. Sie hatten ihren Ursprung im Geist. Das ist der Ort, um nach Frieden zu suchen.
Um es anders auszudrücken: Überall, wo man hingeht, möchte man nichts tun, denn es scheint der Praxis im Wege zu stehen. Man will nicht den Boden fegen noch überhaupt irgendeine Arbeit verrichten, man will einfach nur still sein, um auf diese Art Frieden zu finden. Der Lehrer bittet dich, bei einer der täglichen Pflichten oder Verrichtungen mitzuhelfen, aber du bist nicht mit dem Herzen bei der Sache, weil du glaubst, es handele sich nur um eine äußere Angelegenheit.
Ich habe oft das Beispiel von einem meiner Schüler erwähnt, der wirklich scharf darauf war, 'loszulassen' und Frieden zu finden. Ich lehrte das 'Loslassen', und dementsprechend verstand er, dass alles loszulassen wirklich friedvoll sei. Eigentlich verhielt es sich sogar so, dass er vom Tage seiner Ankunft an niemals etwas tun wollte. Selbst als der Wind die Hälfte des Daches seiner Hütte weggeblasen hatte, war er nicht besonders interessiert. Er sagte, dass sei nur eine externe Angelegenheit. Also kümmerte er sich nicht um die Reparatur. Wenn Sonne oder Regen auf der einen Seite hereinkamen, dann zog er einfach hinüber auf die andere Seite. Das schien nicht zu seinen Angelegenheiten zu gehören. Seine Angelegenheit war es, seinen Geist friedvoll zu machen. Das andere Zeug war eine Ablenkung, damit hatte er nichts zu tun. Auf diese Weise sah er das.
Eines Tages kam ich bei ihm vorbei und sah das zusammengefallene Dach. "He!? Wem gehört diese Hütte?"
Jemand sagte mir, wem sie gehörte, und ich dachte: "Hm, eigenartig..." Also hatte ich mit ihm ein Gespräch, erklärte viele Dinge, wie z. B. die Pflichten bezüglich unserer Unterkunft. "Wir benötigen eine Unterkunft, und wir müssen sie instand halten. 'Loslassen' geschieht so nicht; es bedeutet nicht, dass wir unsere Pflichten vermeiden. Das wäre die Handlungsweise eines Idioten. Der Regen kommt auf der einen Seite herein, und du bewegst dich auf die andere Seite. Dann kommt der Sonnenschein, und du gehst wieder dorthin zurück. Warum das? Warum lässt du dann nicht einfach los?" Ich hielt ihm darüber einen langen Vortrag, und schließlich, als ich fertig war, sagte er: "Oh, Luang Por - manchmal lehrst du mich loszulassen und manchmal lehrst du mich festzuhalten. Ich weiß nicht mehr, was du von mir erwartest. Wenn ich sogar soweit gehe und loslasse, wenn mein Dach zusammenfällt, dann sagst du immer noch, dass es so nicht richtig ist. Aber dennoch lehrst du mich das Loslassen! Ich weiß wirklich nicht mehr, was du noch von mir erwartest..."
Seht Ihr? Die Leute sind so. Ihre Dummheit kann so weit gehen.
Gibt es sichtbare Objekte innerhalb des Auges? Wären unsere Augen in der Lage, etwas zu sehen, wenn es keine äußeren sichtbaren Objekte gäbe? Ergäben sich Geräusche in unseren Ohren, wenn mit äußeren Tönen kein Kontakt entstünde? Wenn es außen keine Gerüche gäbe, könnten wir dann Düfte wahrnehmen? Gäbe es überhaupt irgendwelche Geschmacksempfindungen? Es muss also Objekte geben, die mit unserer Zunge in Kontakt treten, ehe man sie erfahren kann. Wo liegen die Ursachen dafür? Denkt darüber nach, was der Buddha gesagt hat. Alle dhammas entstehen aufgrund von Ursachen. Wenn wir keine Ohren hätten, könnten wir die Erfahrung von Tönen machen? Hätten wir keine Augen, wären wir dann in der Lage, Dinge zu sehen? Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist - sie stellen die Ursachen dar. Es wird gesagt, dass alle dhammas aufgrund von Bedingungen entstehen. Wenn jene enden, dann deshalb, weil die sie verursachenden Bedingungen beendet sind. Die Resultate der Bedingungen entstehen erst dann, wenn die sie verursachenden Bedingungen entstanden sind.
Wenn wir davon ausgehen, dass der innere Frieden dort liegt, wo keine Empfindungen bestehen, könnte dann Weisheit entstehen? Gäbe es dann überhaupt Ursachen und Ergebnisse von Vorgängen? Hätten wir dann etwas, mit dem wir praktizieren könnten? Wenn wir die Verantwortung auf die Geräusche übertragen, dann können wir nicht in Frieden sein, sobald Geräusche auftreten. Wir denken dann, dass dieser Ort ungeeignet ist. Wann immer wir etwas Sichtbares vorfinden, so sagen wir, dies sei nicht friedvoll. Wenn das also wahr wäre, dann müssten wir, um inneren Frieden zu finden, jemand sein, dessen Sinne völlig abgestorben sind - blind und taub. Ich habe wirklich darüber nachgedacht...
"Hm. Das ist eigenartig. Leiden entsteht aufgrund der Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist. Sollten wir also blind sein? Wenn wir überhaupt nichts sehen könnten, wäre das vielleicht besser. Es würden keine geistigen Verunreinigungen entstehen, wenn man blind oder taub wäre. Sind die Dinge wirklich so?"
Aber nach längerem Nachdenken stellte sich heraus, dass dies falsch war. Wenn das wirklich so wäre, dann müssten alle blinden und tauben Menschen erleuchtet sein. Sie wären alle zur Vollendung gelangt, wenn die Geistestrübungen wirklich in den Augen und Ohren ihren Ursprung hätten. Diese stellen die ursächlichen Bedingungen dar. Wo die Dinge entstehen, am Ursprung, dort müssen wir ihnen Einhalt gebieten. Wo die Ursache entsteht, dort müssen wir kontemplieren.
In Wirklichkeit können uns die Sinnesgrundlagen des Auges, des Ohres, der Nase, der Zunge, des Körpers und des Geistes bei der Entstehung von Weisheit behilflich sein, wenn wir sie als das erkennen, was sie sind. Wenn wir sie nicht wirklich erkennen, dann müssen wir sie verleugnen, indem wir sagen, dass wir keine Formen sehen und keine Töne hören wollen usw., weil sie uns stören. Worüber werden wir kontemplieren, wenn wir die ursächlichen Bedingungen abschneiden? Denkt einmal darüber nach! Wo gäbe es dann Ursache und Wirkung? Dies stellt falsches Denken auf unserer Seite dar.
Deshalb lehrt man uns, sich zu beschränken. Sila bedeutet Beschränkung. Da gibt es sila der sinnlichen Beschränkung, nämlich bezüglich Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist. Diese stellen unser sila dar, und sie sind unser samadhi. Reflektiert über die Geschichte mit Sariputta. Noch zu der Zeit, als er selbst noch kein Bhikkhu war, sah er den Ehrwürdigen Assaji auf seinem Almosengang. Als er ihn erblickte, da dachte Sariputta: "Dieser Mönch ist höchst ungewöhnlich. Er geht weder zu schnell noch zu langsam, seine Robe trägt er ebenmäßig, sein Verhalten drückt Zurückhaltung aus." Sariputta war von ihm inspiriert und näherte sich deshalb dem Ehrwürdigen Assaji, erwies seinen Respekt und fragte ihn:
,Entschuldigen Sie, Herr, wer sind Sie?"
"Ich bin ein samana."
"Wer ist Ihr Lehrer?"
"Der Ehrwürdige Gotama ist mein Lehrer."
"Was lehrt der Ehrwürdige Gotama?"
"Er lehrt, dass alle Dinge aufgrund von Bedingungen entstehen. Wenn diese vergehen, dann deshalb, weil die verursachenden Bedingungen zu einem Ende gekommen sind."
Als Sariputta ihn über den Dhamma befragte, antwortete Assaji nur in Kürze, er sprach über Ursache und Wirkung. Dhammas entstehen aufgrund von Ursachen. Die Ursache entsteht zuerst, und dann das Resultat. Wenn das Resultat zu Ende gehen soll, dann muss zunächst die Ursache zu einem Ende gelangen. Das war alles, was er sagte, aber es genügte Sariputta. [13]
Hier also gab es eine Ursache für das Entstehen von Dhamma. Zu jener Zeit hatte Sariputta Augen, er hatte Ohren, eine Nase, eine Zunge, einen Körper und einen Geist. Er war im Vollbesitz seiner Kräfte. Wenn er diese Fähigkeiten nicht besessen hätte, wären dann genügend Ursachen vorhanden gewesen, sodass Weisheit in ihm entstehen konnte? Wäre ihm irgend etwas gewahr gewesen? Aber die meisten unter uns haben Angst vor Sinneskontakt. Entweder das, oder wir haben Kontakt sehr gern, aber wir entwickeln daraus keine Weisheit. Statt dessen schwelgen, erfreuen und verlieren wir uns wiederholt in den Sinnesobjekten mit Hilfe von Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist. So ist das eben. Die Sinnesgrundlagen können uns zum Darin-Schwelgen und zum Spaß verleiten oder aber zu Erkenntnis und Weisheit führen. Sie enthalten beides, sowohl den Schaden als auch den Nutzen, abhängig von unserer Weisheit.
Wir müssen also jetzt das Verständnis haben, dass wir durch unser Mönchsein und die Absicht zu praktizieren nun alles als Praxis ansehen - sogar die negativen Dinge. Wir sollten sie alle kennen. Und warum? Damit wir die Wahrheit erkennen. Wenn wir über die Praxis sprechen, dann meinen wir damit nicht nur die Dinge, die uns angenehm und gut erscheinen. Darum geht es nicht. In dieser Welt gefallen uns einige Dinge und andere nicht; Und diese Dinge existieren allesamt in dieser Welt, nirgendwo sonst. Normalerweise ist es so, dass wir das haben wollen, was wir mögen, sogar in Bezug auf andere Mönche und Novizen. Wenn wir einen Mönch oder Novizen nicht mögen, dann wollen wir mit ihm nicht verkehren; Wir wollen nur mit denen Zeit verbringen, die wir mögen. Seht Ihr das? Das ist wählerisches Verhalten aufgrund unserer Vorlieben. Was wir nicht leiden können, davon wollen wir nichts wissen, und wir wollen es gar nicht sehen.
In Wirklichkeit wollte der Buddha, dass wir diese Dinge erfahren. Lokavidu. Schaut Euch die Welt an, und erkennt sie klar und deutlich. Wenn wir die Wahrheit der Welt nicht deutlich erkennen, dann können wir nirgendwo hingehen. Während wir in der Welt leben, müssen wir sie verstehen. Die Edlen Praktizierenden aus vergangenen Zeiten - einschließlich des Buddha - lebten mit diesen Dingen, sie lebten in dieser Welt unter geblendeten Menschen. Gerade in dieser Welt gelangten sie zur Wahrheit, und nirgendwo sonst. Sie flüchteten nicht in irgendeine andere Welt, um die Wahrheit zu finden, denn sie besaßen Weisheit und zügelten ihre Sinne. Die Praxis besteht daraus, in alle diese Dinge hinein zu schauen und sie als das zu erkennen, was sie sind.
Deshalb lehrte uns der Buddha, die Sinnesgrundlagen als Kontaktstellen kennen zu lernen. Das Auge macht Kontakt mit Formen und schickt sie nach 'innen', wo sie zu Sichtbarem werden. Die Ohren haben Kontakt mit Geräuschen, die Nase mit Düften, die Zunge mit Geschmacks-, der Körper mit fühlbaren Objekten; und somit entsteht Bewusstsein. Wir sollten dorthin schauen, wo Bewusstsein entsteht, und die Dinge sehen wie sie sind. Wenn wir die Dinge nicht sehen wie sie sind, dann werden wir uns entweder in sie verlieben oder sie hassen. Wo diese Empfindungen entstehen, dort können wir erleuchtet werden, dort kann Weisheit entstehen.
Aber manchmal wollen wir einfach nicht, dass die Dinge so sind. Der Buddha lehrte Zurückhaltung, aber Zurückhaltung bedeutet nicht, dass wir nichts sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen oder denken sollen. Das bedeutet es ganz bestimmt nicht. Wenn Praktizierende das nicht verstehen, dann ducken sie sich und rennen fort, sobald sie etwas sehen oder hören. Sie befassen sich nicht mit den Dingen. Sie laufen fort in der Annahme, dass jene Dinge schließlich ihre Macht über sie verlieren werden, und dass sie sie am Ende transzendieren werden. Aber so nicht. Auf diese Weise werden sie gar nichts transzendieren. Wenn sie einfach weglaufen, ohne deren Wahrheit zu kennen, dann wird später dasselbe Material wieder aufsteigen, um noch einmal behandelt zu werden. Nehmen wir z. B. jene Praktizierende, die niemals zufrieden sind, ob sie sich in Klöstern, Wäldern oder in den Bergen befinden. Sie gehen auf 'dhutanga-Pilgerreise', schauen sich dieses und jenes an, und glauben, auf diese Art Zufriedenheit zu finden. Sie gehen und kommen dann zurück... haben nichts gesehen. Sie versuchen es auf einer Bergspitze... "Ah! Dies ist genau der richtige Ort, jetzt ist alles bestens." Für ein paar Tage fühlen sie sich friedlich, und dann haben sie genug davon. "Oh, na ja, vielleicht besser an der Küste," - "Ah, hier ist es schön kühl. Das wird mir gut bekommen." Nach einer Weile haben sie auch von der Küste genug... Genug von den Wäldern, genug von den Bergen, genug von der Küste, genug von allem. Aber dabei handelt es sich nicht um ein Genughaben im richtigen Sinne, wie bei der Rechten Anschauung. [14] Es ist schlicht Langeweile, eine Art falsche Anschauung. Ihre Sichtweise verhält sich nicht im Einklang mit den Dingen, wie sie sind.
Wenn sie dann zum Kloster zurückkommen... "Nun, was soll ich jetzt machen? Ich war praktisch überall und bin mit nichts zurückgekommen." Also werfen sie ihre Almosenschale weg und entroben. Warum legen sie die Roben ab? Weil sie ihre Praxis nicht richtig im Griff haben, sie sehen nichts, was sie noch tun könnten. Sie gehen in den Süden und sehen nichts, gehen in den Norden und sehen nichts, gehen an die Küste, in die Berge, in die Wälder und sehen immer noch nichts. Also ist alles vorbei... sie 'sterben'. So läuft das ab, und zwar, weil sie kontinuierlich vor den Dingen weglaufen. Weisheit kann dabei nicht entstehen.
Nehmen wir ein anderes Beispiel. Angenommen, da ist ein Mönch, der sich vornimmt, bei den Dingen zu verweilen, nicht wegzulaufen. Er kümmert sich um sich selbst. Er kennt sich selbst und auch diejenigen, die bei ihm sind. Er befasst sich ständig mit Problemen. Zum Beispiel als Abt. Wenn man Abt eines Klosters ist, dann hat man ständig mit Problemen zu tun. Es gibt einen konstanten Strom an Dingen, die um Aufmerksamkeit bitten. Warum das so ist? Weil die Leute immer Fragen stellen. Die Fragen hören nie auf, also muss man ständig wachsam sein. Man muss ständig Probleme lösen, sowohl die eigenen als auch die der anderen Leute. Das bedeutet, man muss ständig wach sein. Noch ehe man so dahindösen kann, weckt man dich schon wieder mit einem neuen Problem. Das ist also der Grund, weshalb man kontempliert und Dinge versteht. Man wird geschickt: geschickt in Bezug auf sich selbst und geschickt in Bezug auf andere. Gewandt auf verschiedene Art und Weise.
Diese Geschicklichkeit entsteht aus dem Kontakt, daraus, dass man sich mit Dingen konfrontiert und sich mit ihnen befasst, und nicht vom Davonlaufen. Wir laufen zwar nicht physisch weg, aber wir 'laufen im Geist weg', indem wir unsere Weisheit gebrauchen. Wir haben hier und jetzt Erkenntnis aufgrund von Weisheit, also laufen wir vor nichts davon.
Dies stellt eine Quelle der Weisheit dar. Man muss arbeiten, muss sich mit anderen Dingen in Beziehung bringen. Zum Beispiel, wenn man in einem so großen Kloster wie diesem hier lebt, dann müssen wir alle mithelfen, uns um die Dinge hier zu kümmern. Auf eine Art gesehen, könnte man sagen, dies sei alles Verblendung. Mit vielen Mönchen und Novizen zusammen zu leben, mit vielen Besuchern, die kommen und gehen - viele geistige Verwirrungen mögen so entstehen. Ja, zugegeben... Aber wir müssen auf diese Art leben, um Weisheit zu entwickeln und Dummheit aufzugeben. In welche Richtung werden wir gehen? Leben wir weiterhin, um Dummheit abzulegen oder um unsere Dummheit zu vergrößern?
Wir müssen kontemplieren. Immer wenn Augen, Ohren. Nase, Zunge, Körper und Geist mit etwas in Kontakt treten, dann sollten wir gesammelt und umsichtig sein. Wenn Leiden entsteht, wer leidet dann? Warum ist dieses Leid entstanden? Der Abt eines Klosters muss viele Schüler beaufsichtigen. Nun, das könnte Leiden bedeuten. Wir müssen Leiden in der Entstehung erkennen. Wenn wir vor dem Leiden Angst haben und uns ihm nicht stellen können, wo werden wir dann die Schlacht mit ihm austragen? Wenn Leiden entsteht und wir es nicht erkennen, wie können wir uns damit befassen? Dies ist von allergrößter Wichtigkeit - wir müssen Leiden erkennen.
Dem Leiden zu entkommen bedeutet, den Weg aus dem Leiden heraus zu erkennen; es bedeutet nicht, davon zu laufen, wann immer Leiden entsteht. Wenn man das tut, dann trägt man sein Leiden überall mit hin. Wenn dann irgendwo anders wieder Leiden auftritt, dann muss man abermals davonlaufen. Dies hat nichts mit der Transzendenz des Leidens zu tun, es stellt nicht eine Kenntnis des Leidens dar.
Wenn man Leiden verstehen will, muss man die sich darbietende Situation genau anschauen. Die Lehren besagen, dass ein Problem, wo immer es entsteht, auch dort gelöst werden muss. Leiden befindet sich genau dort, wo Nicht-Leiden entstehen wird; es vergeht an der Stelle, wo es entsteht. Wenn Leiden entsteht, dann muss man genau dort kontemplieren, man braucht nicht wegzulaufen. Man kann die Angelegenheit gerade da erledigen. Jemand, der aus Angst vor Leiden wegläuft, ist überhaupt die dümmste Person. Er wird einfach nur endlos seine Dummheit vergrößern.
Wir müssen also verstehen: Leiden ist nichts anderes als die erste Edle Wahrheit, oder etwa nicht? Seht Ihr es als etwas Schlechtes an? Dukkha-sacca, samudaya-sacca, nirodha-sacca, magga-sacca... Vor diesen Dingen davon zu laufen, stellt nicht Praxis im Sinne des wahren Dhamma dar. Wann werdet Ihr je die Wahrheit des Leidens sehen? Wenn wir weiterhin vor dem Leiden davonlaufen, werden wir es nie erkennen. Leiden ist etwas, was wir erkennen sollten. Wann wird man es je wieder erkennen, wenn man es nicht beobachtet? Hier nicht zufrieden, rennt Ihr dorthin, wenn dort Unzufriedenheit entsteht, lauft Ihr wieder weiter. Ihr seid ständig auf Trab. Wenn das die Art ist, wie Ihr praktiziert, dann werdet Ihr durch das ganze Land mit dem Teufel um die Wette laufen!
Der Buddha lehrte uns 'wegzulaufen', indem wir Weisheit benutzen. Ein Beispiel: Angenommen, Ihr wäret auf einen Dorn oder einen Splitter getreten, und er hätte sich in Euren Fuß eingegraben. Während Ihr geht, schmerzt es manchmal, manchmal auch nicht. Gelegentlich tretet Ihr vielleicht auf einen Stein oder einen Baumstumpf, und es schmerzt wirklich, also schaut Ihr Euch Euren Fuß an. Aber weil Ihr nichts findet, zuckt Ihr mit den Achseln und geht noch etwas weiter. Schließlich tretet Ihr wieder auf etwas, und der Schmerz entsteht abermals. Dies passiert also viele Male. Was ist die Ursache des Schmerzes? Die Ursache liegt in dem Splitter oder Dorn, der sich in Euren Fuß eingegraben hat. Der Schmerz ist Euch ständig nahe. Immer wenn der Schmerz auftritt, dann schaut Ihr vielleicht nach und fühlt ein bisschen herum. Aber weil Ihr keinen Splitter sehen könnt, lasst Ihr wieder davon ab. Nach einer Weile schmerzt es aufs neue, also schaut Ihr noch mal hin.
Wenn Leiden aufkommt, dann müsst Ihr aufmerken und nicht einfach nur mit den Schultern zucken. Immer wenn der Schmerz entsteht... "Hm, der Splitter ist immer noch da." Jedes Mal, wenn der Schmerz entsteht, dann entsteht auch der Gedanke, dass der Splitter verschwinden muss. Wenn Ihr ihn nicht entfernt, dann wird später nur mehr Leid vorhanden sein. Der Schmerz kommt wieder und wieder, bis der Wunsch, den Dorn herauszuziehen, beständig gegenwärtig ist. Am Ende erreicht es ein Stadium, wo Ihr Euch ein für allemal entschließt, diesen Dorn herauszubekommen - denn es tut weh!
Unser Bemühen in der Praxis muss also dieserart beschaffen sein. Wo immer wir Schmerz verspüren oder Reibung feststellen, dort müssen wir Untersuchungen anstellen. Konfrontiert Euch geradewegs mit dem Problem. Entfernt den Dorn aus Eurem Fuß; zieht ihn einfach heraus! Wo immer Euer Geist stecken bleibt, da müsst Ihr aufmerken. Während Ihr es genauestens betrachtet, werdet Ihr es kennen, sehen und so erfahren, wie es ist.
Aber unsere Praxis muss beharrlich und ausdauernd sein. Sie nennen es viriyarambha, das Erzeugen von konstantem Bemühen. Immer wenn z. B. ein unangenehmes Gefühl im Fuß entsteht, dann müsst Ihr Euch daran erinnern, den Dorn herauszuziehen. Gebt Euren Entschluss nicht auf. Auf die gleiche Weise müssen wir beharrlich an dem Entschluss festhalten und versuchen, die geistigen Befleckungen an der Wurzel zu fassen und sie aufzugeben, sobald Leiden in unseren Herzen entsteht. Dieser Entschluss ist beständig vorhanden, unablässig. Schließlich fallen uns die Befleckungen in die Hände, wo wir sie dann beenden können.
Was können wir also tun in Bezug auf Glück und Leid? Wenn wir diese Dinge nicht hätten, was für einen Grund hätten wir, um Weisheit zu beschleunigen? Wie kann eine Wirkung entstehen, wenn es keine Ursache gibt? Alle dhammas entstehen aufgrund von Ursachen. Sollte das Resultat verschwinden, dann deshalb, weil die Ursache verschwunden ist. So ist das eben. Aber die meisten von uns verstehen das nicht richtig. Die Leute wollen nur vor dem Leiden davonlaufen. Diese Art des Wissens erreicht nicht ganz sein Ziel. In Wirklichkeit müssen wir nur die Welt kennen, in der wir leben, wir brauchen deshalb nicht irgendwohin zu laufen. Ihr solltet eine Einstellung haben, die besagt, dass Hierbleiben gut ist... und Weggehen ebenfalls. Denkt sorgfältig darüber nach.
Wo befinden sich Glück und Leiden? Woran auch immer wir uns nicht festhalten, anhaften oder fixieren, das ist so, als sei es nicht vorhanden. Es entsteht kein Leiden. Leiden entsteht aus dem Werdeprozess. Ist ein Werdeprozess vorhanden, dann folgt eine Geburt. Anhaftung oder Festklammern - upadana - sind also die Vorbedingungen, die Leiden erschaffen. Wo immer Leid entsteht, schaut dort hinein. Schaut nicht zu weit in die Ferne, sondern genau in diesen gegenwärtigen Moment.
Schaut Euch Euren eigenen Körper und Geist an. Wenn Leiden entsteht... "Warum gibt es hier Leiden?" Seht gerade jetzt. Wenn Glückszustände entstehen, was ist die Ursache dieses Glücks? Schaut genau dorthin. Wo immer diese Dinge entstehen, seid achtsam. Sowohl Glück als auch Leid, sie entstehen beide aufgrund von Anhaftung.
Die Praktizierenden aus alter Zeit betrachteten ihren Geist auf diese Art. Es gibt nur ein Entstehen und Vergehen. Es gibt keine unvergängliche Wesenheit. Sie kontemplierten von allen möglichen Seiten und sahen, dass es mit diesem Geist nicht so viel auf sich hat. Nichts ist stabil. Es gibt nur Entstehen und Vergehen, Vergehen und Entstehen; nichts ist von bleibender Substanz. Im Gehen und Sitzen sahen sie die Dinge auf diese Weise. Wo immer sie auch hinschauten, es gab nur Leiden, das war alles. Es ist wie mit einer großen Eisenkugel, die gerade in einem Schmelzofen erhitzt worden ist. Sie ist rundherum heiß. Wenn man oben anfasst, ist es heiß, und wenn man die Seiten anfasst, ist es heiß - sie ist rundherum heiß. Es gibt keine Stelle auf ihr, die kühl wäre.
Wenn wir also diese Dinge nicht Überdenken, dann werden wir nichts darüber erfahren. Wir müssen klar sehen. Werdet nicht im Dinge 'hinein geboren', fallt nicht einer Geburt anheim. Erkennt die Arbeitsweise der Geburt. Solche Gedanken wie: "Oh, ich kann diese Person nicht ausstehen, sie macht alles falsch", werden nicht mehr entstehen. Oder: "Ich habe wirklich diese oder jene Person gern", dieserart Dinge entstehen nicht. Es bleiben schlicht die Konventionen weltlicher Wertmaßstäbe in Bezug auf Vorlieben und Abneigungen übrig; Aber man benutzt die Sprache auf eine Art und den Geist auf eine andere. Sie stellen separate Dinge dar. Wir müssen die Konventionen der Gesellschaft benutzen, um miteinander zu kommunizieren, aber innerlich sollten wir leer bleiben. Der Geist ragt über diese Dinge hinaus. Wir müssen auf diese Art den Geist zur Transzendenz führen. Dies ist der Aufenthaltsort der Edlen Praktizierenden. Wir müssen alle darauf abzielen und dementsprechend praktizieren. Lasst Euch nicht von Zweifeln überwältigen.
Bevor ich mit meiner Praxis begann, dachte ich: "Die buddhistische Religion besteht, zugänglich für alle; aber dennoch, warum praktizieren nur einige Leute und andere nicht? Oder wenn sie praktizieren, dann tun sie es nur für kurze Zeit und geben dann auf. Oder aber jene, die nicht aufgeben, klemmen sich nicht hinter die Praxis. Warum ist das so?" So fasste ich den Entschluss: "Also gut... ich werde diesen Körper und Geist für dieses Leben aufgeben und versuchen, der Lehre des Buddha bis hinab ins letzte Detail zu folgen. Ich werde in dieser jetzigen Lebensspanne Verständnis erreichen... denn wenn ich es nicht tue, so werde ich immer noch im Leiden versunken sein. Ich werde alles andere loslassen und eine entschlossene Anstrengung unternehmen, unabhängig davon, wie viel Leiden oder Schwierigkeiten ich aushalten muss - ich werde durchhalten. Wenn ich es nicht mache, dann werde ich nur weiter fortfahren zu zweifeln."
Nach solchen Gedanken machte ich mich an die Praxis. Egal wie viele Glückszustände, Schwierigkeiten und Leiden ich aushalten musste, ich tat es trotzdem. Ich betrachtete mein Leben so, als handelte es sich nur um einen Tag und eine Nacht. Ich gab es auf. "Ich folge der Lehre des Buddha, ich folge dem Dhamma bis zum Verständnis. - Warum ist diese Welt der Täuschungen so erbärmlich?" Ich wollte es wissen, ich wollte die Lehre meistern, also wendete ich mich der Dhamma-Praxis zu.
Auf wie viel des weltlichen Lebens verzichten wir, die wir im Kloster leben? Wenn wir diesen Lebensstil für immer aufgenommen haben, dann bedeutet das, dass wir auf alles verzichten, es gibt nichts, was davon ausgenommen wäre. All die Dinge der Welt, die die Leute genießen, lassen wir fallen: Sichtbares, Töne, Düfte, Geschmacksobjekte und Gefühle... wir werfen alles weg - und trotzdem erfahren wir sie. Wer den Dhamma praktiziert, muss also mit wenig zufrieden sein und innerlich kühl bleiben. Ob in Bezug auf das Sprechen, Essen oder was auch immer, wir sollten leicht zufrieden zustellen sein: Iß einfach, schlafe einfach und lebe einfach. So wie jemand, den man gemeinhin als 'normalen Menschen' bezeichnet, jemand, der einfach lebt. Je mehr Ihr praktiziert, um so mehr werdet Ihr in der Lage sein, Zufriedenheit aus Eurer Praxis zu ziehen. Ihr werdet in Euer eigenes Herz hinein sehen.
Der Dhamma ist paccattam, Ihr selbst müsst ihn kennen. Ihn selbst zu kennen bedeutet, selbst zu praktizieren. Ihr könnt Euch nur für 50 Prozent des Weges auf einen Lehrer verlassen. Selbst die Belehrung, die ich Euch heute gegeben habe, ist in sich selbst völlig nutzlos, auch wenn sich das Zuhören lohnt. Aber wenn Ihr all dies nur deshalb glauben würdet, weil ich es gesagt habe, dann würdet Ihr die Lehren nicht im rechten Sinne benutzen. Würdet Ihr mir zu 100 Prozent glauben, dann wäret Ihr dumm. Die Lehre zu hören, ihren Nutzen zu sehen, sie selbst in die Praxis umzusetzen, sie in sich selbst zu sehen, es selbst zu tun... das ist viel nützlicher. Ihr werdet dann selbst den Geschmack des Dhamma kennen lernen.
Das ist der Grund, warum der Buddha nicht sehr detailliert über die Früchte der Praxis sprach, denn es ist etwas, was sich schlecht mit Worten vermitteln lässt. Es wäre das Gleiche, als wolle nun einer von Geburt an blinden Person verschiedene Farben beschreiben, wie z.B.: "Oh, es ist so weiß", oder: "Es ist ein helles Gelb." Man könnte ihnen jene Farben nicht vermitteln. Man könnte es versuchen, aber es hätte nicht viel Sinn.
Der Buddha bringt es zurück zum Individuum, selbst klar zu sehen. Wenn Ihr selbst klar seht, dann habt ihr einen klaren Beweis in Euch selbst. Ob im Stehen, Gehen, Sitzen oder Liegen - Ihr werdet vom Zweifel befreit sein. Selbst wenn jemand sagen würde: "Deine Praxis ist nicht richtig, es ist alles falsch", Ihr würdet immer noch unbewegt bleiben, denn Ihr habt Euren eigenen Beweis.
Ein Praktizierender des Dhamma muss so beschaffen sein, wo immer er sich befindet. Andere Menschen können es Euch nicht sagen, Ihr müsst es selbst kennen. Samma-ditthi, Rechte Erkenntnis, muss vorhanden sein. Die Praxis muss so für jeden einzelnen von uns aussehen. Es wäre ein seltenes Ereignis, die echte Praxis auch nur während eines Monats innerhalb von fünf oder zehn Regenzeiten auszuüben.
Unsere Sinnesorgane müssen permanent aktiv sein. Erkennt Zufriedenheit und Unzufriedenheit, seid Euch der Vorliebe und der Abneigung gewahr. Erkennt Erscheinung und erkennt Transzendenz. Das Offensichtliche und das Transzendente sollten gleichzeitig realisiert werden. Gut und Schlecht sollten als koexistent gesehen werden, gleichzeitig entstehend. Das ist die Frucht der Dhamma-Praxis.
Was also Euch selbst und anderen hilfreich ist, die Praxis, die Euch selbst und anderen Vorteile bringt, das bezeichnet man als 'dem Buddha folgen'. Ich habe oft darüber gesprochen. Die Dinge, die getan werden sollten, scheinen von den Leuten vernachlässigt zu werden. Zum Beispiel die Arbeit im Kloster, die Maßstäbe der Praxis usw. Ich habe oft darüber gesprochen, aber dennoch scheinen die Leute nicht mit ganzem Herzen bei der Sache zu sein. Manche kennen es nicht, einige sind faul und können sich nicht aufraffen, andere sind schlicht zerstreut und konfus.
Aber das ist eine Grundlage, auf der Weisheit entstehen kann. Wenn wir an Orte gingen, wo nichts von alledem entstehen würde, was würden wir sehen? Nehmt zum Beispiel das Essen. Wenn eine Speise keinen Geschmack hat, ist sie dann köstlich? Wenn eine Person taub ist, wird sie etwas hören? Wenn man nichts wahrnimmt, wird man etwas zur Kontemplation haben? Wenn es keine Probleme gäbe, wäre da irgend etwas zu lösen? Denkt auf diese Art über die Praxis nach.
Vor einiger Zeit lebte ich im Norden des Landes. Zu der Zeit war ich mit vielen Mönchen zusammen; sie waren alle schon etwas älter, aber gerade erst ordiniert worden, mit nur zwei oder drei Regenzeiten als Bhikkhus. Ich selbst hatte zu der Zeit zehn Regenzeiten hinter mir. [15] Während ich mit diesen älteren Mönchen zusammenlebte, entschloss ich mich, die verschiedenen klösterlichen Pflichten zu verrichten - ihre Almosenschalen entgegen zu nehmen, ihre Roben zu waschen, ihre Spucknäpfe zu entleeren usw. Ich dachte nicht daran, dass ich dies für ein bestimmtes Individuum täte, sondern ich behielt einfach meine Praxis bei. Wenn andere die Pflichten nicht verrichteten, dann tat ich es selbst. Ich sah es als eine gute Gelegenheit für mich an, um Verdienst zu erlangen. Ich fühlte mich dadurch gut, und es gab mir eine Art der Befriedigung.
An den uposatha-Tagen wusste ich, welches die notwendigen Pflichten waren.
Ich ging los, um die uposatha-Halle zu säubern und um Wasser zum Trinken und Waschen raus zu stellen. Die anderen wussten überhaupt nichts über die Pflichten, sie schauten einfach zu. Ich kritisierte sie nicht, denn sie wussten es ja nicht. Ich führte selbst die Pflichten aus, und danach war ich von mir sehr angetan, ich besaß in meiner Praxis Inspiration und viel Energie.
Immer wenn ich im Kloster etwas tun konnte - ob in meiner eigenen Hütte oder bei den anderen -, dann tat ich es; Wenn es z. B. schmutzig war, dann machte ich sauber. Ich tat es nicht speziell für jemanden, ich wollte damit nicht jemandem imponieren, ich tat es schlicht, um eine gute Praxis beizubehalten. Wenn man eine Hütte oder einen Aufenthaltsort säubert, dann ist das so, als würde man Abfall aus seinem eigenen Geist entfernen.
Also - dies ist etwas, was Ihr Euch alle merken müsst. Ihr braucht Euch über Harmonie keine Sorgen zu machen, sie wird automatisch da sein. Lebt mit dem Dhamma, in Frieden und Zurückhaltung; übt Euren Geist auf diese Weise, und es wird keine Probleme geben. Wenn es schwere Arbeiten zu verrichten gibt, dann hilft jeder mit, und es dauert nicht lange, bis die Arbeit getan ist. So nimmt man sich der Dinge mit Leichtigkeit an, was den besten Weg darstellt.
Ich bin allerdings auch auf andere Typen gestoßen... obwohl ich es als eine Gelegenheit benutzt habe, um innerlich zu wachsen. Zum Beispiel mögen die Mönche und Novizen in einem großen Kloster darin übereinkommen, an einem bestimmten Tag die Roben zu waschen. Ich würde also losgehen und das Wasser erhitzen. Nun gibt es aber einige Mönche, die würden solange warten, bis andere das Wasser erhitzt hätten, und würden dann ihre Roben waschen, sie zurück zu ihren Hütten bringen, sie aufhängen und dann ein Nickerchen machen. Sie brauchten nicht das Feuer vorzubereiten, brauchten hinterher nicht sauberzumachen... Sie glaubten, sie hätten etwas Gutes getan, hätten sich sehr clever verhalten. Dies ist das Höchstmaß an Dummheit. Diese Leute vergrößern nur ihre eigene Dummheit, denn sie tun überhaupt nichts, sie überlassen die ganze Arbeit den anderen. Sie warten, bis alles bereit ist und kommen dann, um es zu benutzen, so ist das leicht für sie. Damit addieren sie ihrer Dummheit noch etwas hinzu. Solche Handlungen sind für sie von überhaupt keinem Nutzen. Manche Leute denken auf solch törichte Art. Sie drücken sich vor den notwendigen Pflichten und denken, sie seien clever, sind aber in Wirklichkeit sehr dumm. Wenn wir so eine Einstellung haben, dann werden wir nicht lange dabei sein.
Reflektiert deshalb über Euch selbst, ob beim Sprechen, Essen oder bei irgendwelchen anderen Dingen. Ihr mögt einen komfortablen Lebensstil haben wollen, komfortabel essen, komfortabel schlafen usw., aber das geht so nicht. Wofür sind wir hierhin gekommen? Wenn wir regelmäßig darüber reflektieren, dann werden wir vorsichtig sein, wir werden nicht vergessen, wir werden konstant wachsam sein. Mit solcher Wachsamkeit wird man sich in allen Körperhaltungen Mühe geben. Wenn man sich nicht bemüht, dann entwickeln sich die Dinge ganz anders... Im Sitzen seht Ihr aus, als wäret Ihr in der Stadt - auch im Gehen so, als wäret Ihr in der Stadt... Ihr wollt losgehen und in der Stadt mit den Laien herumspielen.
Wenn es keine Anstrengung in der Praxis gibt, dann wird der Geist in diese Richtung tendieren. Ihr widersetzt Euch nicht und stellt Euch Eurem Geist nicht entgegen, sondern Ihr gestattet ihm, mit den Winden Eurer Launen davon zu schweben. Das nennt man: seinen Launen folgen. Wie bei einem Kind: Wenn wir ihm all seine Wünsche erfüllen, wird es ein gutes Kind? Wenn die Eltern ihrem Kind alle Wünsche erfüllen, ist das gut? Selbst wenn sie es anfangs etwas verwöhnen, wenn es dann sprechen kann, mögen sie damit beginnen, ihm gelegentlich einen Klaps zu geben, aus Angst, es könnte sonst verdummen. Das Geistestraining muss genauso sein. Ihr müsst Euch selbst kennen und wissen, wie man sich trainiert. Wenn Ihr nicht wisst, wie man seinen eigenen Geist trainiert und darauf wartet, dass es jemand anders für Euch tut, dann endet Ihr in Schwierigkeiten.
Denkt also nicht, dass Ihr an diesem Ort nicht praktizieren könnt. Praxis hat keine Grenzen. Ob im Stehen, Gehen, Sitzen, Liegen - man kann immer praktizieren. Selbst beim Fegen des Klostergrundstücks oder während man einen Sonnenstrahl sieht, kann man den Dhamma realisieren. Aber Ihr müsst sati, Achtsamkeit, zur Verfügung haben. Warum das? Weil man den Dhamma wirklich zu jeder Zeit und an jedem Ort realisieren kann, wenn man mit Begeisterung meditiert.
Seid nicht nachlässig. Seid aufmerksam und beobachtend. Während des Almosengangs entstehen alle möglichen Gefühle, und es handelt sich um guten Dhamma. Wenn Ihr zum Kloster zurückkommt und Euer Essen verzehrt, dann gibt es eine Menge guten Dhammas für Euch zu betrachten. Wenn Ihr Kontinuität im Bemühen zeigt, dann werden alle diese Dinge als Objekte für die Kontemplation dienen; Weisheit wird vorhanden sein, Ihr werdet den Dhamma sehen. Dies nennt man dhamma-vicaya, das Reflektieren der Lehre. Es ist eines der Erleuchtungsglieder. Wenn sati vorhanden ist, dann ist das Resultat dhamma-vicaya. Diese beiden sind Faktoren, die zur Erleuchtung führen. Wenn wir Achtsamkeit besitzen, dann werden wir nicht unbedingt den leichtesten Weg gehen, sondern es wird auch ein Hinterfragen der Lehre vorhanden sein. Diese Dinge werden dann zu Faktoren, um den Dhamma zu realisieren.
Wenn wir dieses Stadium erreicht haben, dann kennt unsere Praxis weder Tag noch Nacht, sie wird sich unabhängig von der Tageszeit fortsetzen. Es wird nichts geben, was unsere Praxis verderben könnte, und wenn, dann werden wir es sofort erkennen. Möge also dhamma-vicaya permanent in unserem Geist sein, um in den Dhamma hinein zu schauen. Wenn unsere Praxis in Fluss gekommen ist, dann tendiert der Geist dazu, sich auf diese Weise zu verhalten. Er wird sich nicht von anderen Dingen ablenken lassen. "Ich glaube, ich werde einmal einen Trip dorthin machen, oder vielleicht an einen anderen Ort... drüben in jener Provinz verspricht es, interessant zu sein..." Das ist der weltliche Weg. Nicht viel länger und die Praxis wird sterben.
Seid also entschlossen. Man entwickelt Weisheit nicht allein dadurch, dass man mit geschlossenen Augen dasitzt. Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist sind uns ständig gegenwärtig; habt also konstante Wachsamkeit. Studiert fortwährend. Das Betrachten von Bäumen und Tieren gibt uns Gelegenheiten zum Studium. Bringt es alles nach innen. Seht mit Klarheit in Eurem eigenen Herzen. Wenn irgendeine Empfindung einen Eindruck im Herzen hinterlässt, dann seid selbst dessen Zeuge, anstatt ihn einfach zu ignorieren.
Nehmen wir einen einfachen Vergleich: das Brennen von Ziegelsteinen. Habt Ihr je einen Ofen gesehen, in dem man Ziegelsteine brennt? Man macht vor dem Ofen ein 60-90 cm hohes Feuer, und dann wird der ganze Rauch nach innen gesogen. Wenn man dieses Bild betrachtet, dann kann man die Praxis klarer verstehen. Die richtige Art, einen Brennofen herzurichten, besteht darin, das Feuer so zu machen, dass sämtlicher Rauch nach innen gesogen wird und nichts übrig bleibt. Die ganze Hitze geht in den Ofen hinein, und die Arbeit ist schnell getan.
Wir als Dhamma-Praktizierende sollten die Dinge auf diese Weise erfahren. All unsere Gefühle werden nach innen geholt, um in Rechte Erkenntnis verwandelt zu werden. Formen sehen, Töne hören, Düfte riechen, Geschmack wahrnehmen usw. - der Geist zieht sie alle nach innen, wo sie in Rechte Erkenntnis umgewandelt werden. Solche Gefühle werden also zu Erfahrungen, die Weisheit entstehen lassen.
[13] Zu jener Zeit hatte Sariputta seine erste tiefe Erkenntnis bezüglich des Dhamma; er wurde ein sotapanna, ein in den Strom Eingetretener.
[14] Mit Rechter Anschauung oder Rechter Erkenntnis ist hier nibbida gemeint, ein allgemeines Desinteresse an den Verlockungen der sinnlichen Welt.
[15] Das 'Mönchsalter' der Bhikkhus wird anhand von Regenzeiten gezählt, während derer sie sich für drei Monate an einem Ort aufhalten müssen.