Dhamma-Vorträge von Ajahn Chah
(Phra Bodhinyana Thera)
Der Ehrwürdige Ajahn Chah wurde am 17. Juni 1918 in einem kleinen Dorf in der Nähe von Ubon Rajathani, einer Stadt im Nord-Osten Thailands, geboren.
Er lebte den ersten Teil seines Lebens wie jeder andere junge Bursche im ländlichen Thailand und wurde folglich, wie es dort Brauch ist, bereits als Neunjähriger Novize im örtlichen Kloster. Er lebte dort bis zum siebzehnten Lebensjahr und erhielt während der Zeit seine grundlegende Schulausbildung, ehe ihn seine Verpflichtungen gegenüber den Eltern wieder ins Elternhaus zurückriefen. Jedoch im zwanzigsten Lebensjahr entschloss er sich, wieder ins Kloster zurückzukehren, und somit wurde er im April 1939 in den Bhikkhu-Sangha, den Mönchsorden, aufgenommen.
Ajahn Chahs frühes Klosterleben folgte einem traditionellen Ablauf, in dem die buddhistische Lehre und die Sprache der Schriften, Pali, im Vordergrund der Studien standen. In seinem fünften Jahr als Mönch wurde sein Vater sehr krank und starb - eine deutliche Mahnung an die Zerbrechlichkeit und Unberechenbarkeit menschlichen Lebens. Dies veranlasste ihn, tief über den wirklichen Sinn des Lebens nachzudenken, denn obwohl er ausgiebig studiert und einige Pali-Kenntnisse erworben hatte, schien er nicht viel näher an ein persönliches Verständnis der Beendigung des Leidens herangekommen zu sein. Gefühle der Ernüchterung überkamen ihn, und im Jahre 1946 gab er seine Studien auf und ging auf eine Pilgerreise.
Er wanderte an die 400 km bis ins Zentrum Thailands, schlief unterwegs in Wäldern und sammelte Almosen in den Dörfern, die er durchquerte. Er ließ sich in einem Kloster nieder, wo der vinaya (die klösterliche Ordensdisziplin) sorgfältig studiert und praktiziert wurde. Dort wurde ihm während seines Aufenthalts von einem hoch angesehenen Meditationsmeister erzählt, dem Ehrwürdigen Ajahn Man Buridatto. Höchst interessiert, einen so vollendeten Lehrer zu treffen, machte sich Ajahn Chah zu Fuß auf den Weg in Richtung Nord-Osten, um nach ihm zu suchen.
Zu dieser Zeit rang Ajahn Chah mit einem entscheidenden Problem. Er hatte die Lehren in Bezug auf Ethik, Meditation und Weisheit studiert, die die Schriften in aller Ausführlichkeit und bis ins kleinste Detail hinein darstellen, aber er konnte einfach nicht sehen, wie man sie in die Praxis umsetzen konnte. Ajahn Man sagte ihm dass die Lehren zwar sehr ausführlich seien, aber in ihrer Essenz doch sehr einfach. Wo Achtsamkeit vorhanden ist und gesehen wird, dass alles im Geist entsteht, genau da befindet sich der wahre Weg der Praxis. Diese knappe und direkte Belehrung stellte für Ajahn Chah eine Offenbarung dar und transformierte seine Praxis. Der Weg war klar.
In den darauf folgenden sieben Jahren praktizierte Ajahn Chah im Stile der asketischen Waldtradition, ländliche Gegenden durchstreifend, auf der Suche nach ruhigen und abgelegenen Orten, die sich für die Entwicklung der Meditation eignen würden. Er lebte in Dschungelgebieten, die mit Tigern und Kobras bevölkert waren, und sogar auf Friedhöfen, wo er die Reflexionen über den Tod benutzte, um Angst zu überwinden und zum wahren Sinn des Lebens vorzustoßen.
1954, nach Jahren des Wanderns, wurde er zurück in seinen Heimatort eingeladen. Er ließ sich dort in der Nähe in einem von Fieber verseuchten und von Geistern verunsicherten Wald nieder, genannt 'Pah Pong'. Trotz der Unannehmlichkeiten von Malaria, unzureichender Unterkunft und spärlicher Nahrung sammelte sich schon bald eine wachsende Zahl von Schülern um ihn. Das Kloster, das man heute unter dem Namen Wat Pah Pong kennt, nahm dort seinen Anfang, und schon bald wurden auch anderswo Zweigklöster eingerichtet.
Das Training in Ajahn Chahs Klöstern war ziemlich streng und oft sogar Furcht erregend. Ajahn Chah trieb seine Mönche oft bis an ihre Grenzen, um ihre Ausdauer zu testen, damit sie auf diese Weise Geduld und Entschlossenheit entwickeln würden. Er initiierte manchmal lang andauernde und scheinbar sinnlose Arbeitsprojekte, um ihre Anhaftung an Friedlichkeit zu frustrieren. Die Betonung lag immer darauf, sich dem Lauf der Dinge, wie sie sind, hinzugeben, im Rahmen der strikten Einhaltung der Ordensdisziplin.
1966 kam der erste westliche Schüler nach Wat Pah Pong, der Ehrwürdige Sumedho Bhikkhu. Von da an wurde die Zahl der Westler, die zu Ajahn Chah kamen, immer größer, sodass 1975 das erste Zweigkloster für Mönche aus dem Westen unter der Leitung Ajahn Sumedhos eingerichtet wurde - Wat Pah Nanachat. l977 wurde Ajahn Chah nach England eingeladen, von einem Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, dort einen buddhistischen Sangha einzurichten. Da Ajahn Chah das echte Interesse seiner Gastgeber bemerkte, veranlasste er, dass sogleich vier seiner Schüler in London blieben. Schon zwei Jahre später wurde das erste Zweigkloster von Wat Pah Pong außerhalb Thailands im Süden Englands eröffnet, Chithurst Buddhist Monastery. Seitdem wurden im Laufe der Jahre noch weitere Klöster in England und in der westlichen Hemisphäre gegründet, z. B. in Australien. Neuseeland, der Schweiz und Italien.
Im Jahre 1980 begann Ajahn Chah verstärkt Krankheitssymptome von Schwindel und dem Schwinden des Erinnerungsvermögens zu spüren, die ihn schon seit einigen Jahren gelegentlich heimsuchten. Das führte 1981 zu einer Operation, die aber wenig dazu beitrug, diese Symptome und ebenfalls einsetzende Lähmungserscheinungen zu revidieren. Während sich seine Krankheit verschlimmerte, benutzte er seinen Körper als Lehrobjekt, als lebendes Beispiel für die Vergänglichkeit von allen Dingen. Er ermahnte die Menschen ständig, sich zu bemühen, eine wahre Zuflucht in sich selbst zu finden.
Innerhalb weniger Monate verlor er das Sprechvermögen und die Kontrolle über seine Glieder, sodass er schließlich völlig paralysiert und bettlägerig wurde. Von diesem Zeitpunkt an wurde er von seinen Mönchsschülern ständig gepflegt, die gern die Möglichkeit nutzten, einem Lehrer ihre Dienste anbieten zu können, der so vielen auf geduldige und mitfühlende Art den Weg gewiesen hatte. Ajahn Chah verschied am 15. Januar 1992.